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Isaf

© dpa

Elke Hoff, FDP-Verteidgungsexpertin: "Es fehlt auch an Luftunterstützung"

Die FDP-Verteidigungsexpertin Hoff über die Qualität der Truppe und die Forderungen der Soldaten.

Frau Hoff, Sie kommen gerade aus Afghanistan. Was hat sich dort verändert?

Das habe ich unsere Soldaten gefragt, und die Antwort war: „Wir sind jetzt im Krieg.“ Vor allem im Feldlager in Kundus sind sich alle über den Ernst der Lage im Klaren. Und es nötigt mir großen Respekt ab, wie ernsthaft und professionell die Soldaten vor Ort mit der Herausforderung umgehen.

Sind sie der Aufgabe gewachsen?

Einerseits ja – wenn wir von den Soldaten reden. Die jungen Männer und Frauen zum Beispiel, die als Ausbilder die Rekruten der afghanischen Armee begleiten, leisten einen unglaublichen Job. Die gehen mit ihren Leuten auch raus ins Gefecht. Auch die Patrouillen sind gut vorbereitet und sehr professionell. Wir sollten alle viel mehr Vertrauen in unsere Jungs haben. Andererseits werden jetzt, wo Patrouillen in richtige Feuergefechte geraten, die Mängel sichtbar.

Woran fehlt es denn?

Hubschrauber, Infanterie, Luftunterstützung im Kampf. Das sind die drei Dinge, die ich immer wieder gehört habe. Hier rächen sich jetzt einige der Weichenstellungen bei der Transformation der Bundeswehr von der Heimat- zur Einsatzarmee. Es gibt viel zu wenige Heeresflieger, es gibt zu wenig klassische Infanterie, und wir haben keine eigene Kapazität für „Close Air Support“ aufgebaut, also für Kampfflieger, die bedrängten Bodentruppen aus der Luft helfen können.

Aber erledigt diese Aufgabe nicht im Nato-Rahmen die US-Armee?

Die kommen ja auch. Aber nur, wenn gerade ein A-10-Kampfflugzeug frei ist und zufällig im Norden unterwegs. Wenn Sie die erst im Stützpunkt Bagram anfordern müssen – von Kabul bis Kundus ist es eine halbe Flugstunde, da kann in einem Gefecht viel passiert sein. Ich glaube, wir müssen versuchen, uns davon unabhängig zu machen. Wir beschaffen für viel Geld gerade Eurofighter. Die können das theoretisch auch.

Die Bundeswehr hat sehr lange darauf gesetzt, die Herzen der Menschen durch unmilitärisches Auftreten zu gewinnen. Ist das neue Vorgehen in diesem Sinne kontraproduktiv?

Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe mit Vertretern des zivilen Aufbaus gesprochen – in der Nordregion genauso wie in der Südprovinz Helmand, wo ich die britischen Truppen besucht habe. Deren Einsatz ist übrigens mit unserem gar nicht zu vergleichen. Da sind allein seit Jahresbeginn 125 britische Soldaten getötet worden. Und wenn Sie da in einen Hubschrauber steigen – der ist ununterbrochen in der Luft, und der riecht regelrecht nach Krieg. Aber dort wie im Norden haben mir Vertreter von Zivilorganisationen gesagt: Die Menschen verstehen es nicht, wenn wir Aufständischen nicht nachstellen.

Die Helfer befürworten den Krieg?

Einige Gesprächspartner sagen: „Ohne militärische Unterstützung geht es nicht.“ Die Menschen in den Dörfern müssen das Gefühl haben, dass sie sich auf uns verlassen können und wir ihnen Sicherheit geben. Sonst halten sie sich an die anderen.

Haben Sie keine Sorge, dass sich Bundeswehr und Nato da völlig überfordern?

Wenn unsere Soldaten, Polizisten und Entwicklungshelfer richtig ausgerüstet und unterstützt werden, schaffen die das. Aber vorher müssen wir als Politiker uns entscheiden: Wollen wir diese Sache vernünftig zu Ende bringen und die Bevölkerung auf unsere Seite ziehen? Dann müssen die Bedingungen geschaffen und die Mittel bereit gestellt werden. Wir setzen da falsche Prioritäten. In Mazar-i-Scharif ist gerade ein Empfangs- und Verwaltungsgebäude eingeweiht worden, Kostenpunkt eine halbe Million. Aber die Versorgung mit Schutzbrillen für die Patrouillen klappt immer noch nicht.

Elke Hoff (52)

ist Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag für Abrüstungspolitik und Mitglied

im Verteidigungsausschuss.

Das Gespräch führte

Robert Birnbaum.

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