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Elterngeld: Männer wollen Väter sein

Die berufliche Auszeit für den Nachwuchs wird in der Bevölkerung immer beliebter. Vor allem Väter stehen auf das Elterngeld – und sprengen damit sogar den Etat des Familienministeriums.

Für Ursula von der Leyen (CDU) ist klar: „Das Elterngeld ist ein Renner“, zog die Familienministerin heute knapp ein Jahr nach Einführung des Elterngeldes Bilanz. Mehr als 394.000 Anträge stellten die Bundesbürger von Januar bis Ende September – fast 98 Prozent davon wurden bewilligt.

Das Elterngeld gilt seit dem 1. Januar 2007 und soll Müttern und Vätern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Hintergrund ist die niedrige Geburtenrate in der Bundesrepublik. Gerade für Akademikerinnen waren in der Vergangenheit die Einkommenseinbußen bei Unterbrechung des Jobs immens. Als Elterngeld zahlt der Staat nun 67 Prozent des früheren durchschnittlichen Nettoeinkommens - maximal 1800 Euro.

Grundsätzlich wird das Geld für 12 Monate ausgezahlt. Nehmen hingegen beide Eltern eine Auszeit, gibt es die Leistung für 14 Monate. Dieser zusätzliche Bonus, die „Vätermonate“, soll vor allem Männer zu einer Job-Pause für die Betreuung des Nachwuchses anspornen. Mit Erfolg: Mehr als 40 Prozent der antragstellenden Männer nutzen die Elternzeit sogar länger als diese zwei Monate. Jeder fünfte Vater will gar ein ganzes Jahr zu Hause bleiben.

Das hat allerdings auch Folgen für den Etat des Familienministeriums: Die für das Jahr 2007 eingeplanten 1,6 Milliarden Euro reichen nicht mehr aus, das Budget muss um 130 Millionen Euro aufgestockt werden. Der Grund ist, dass die Väter in der Regel immer noch besser verdienen als die Mütter – und daher auch mehr Elterngeld bekommen. „Die Väter haben den Etat für 2007 gesprengt“, so von der Leyen. „Das ist das Beste, was diesem Land passieren kann.“ Für die nächsten Jahre ist nach Angaben der Familienministerin mit vier Milliarden Euro ausreichend vorgesorgt.

Insgesamt komme das Elterngeld „in der Mitte der Gesellschaft an“, so von der Leyen weiter. 67 Prozent der Empfänger bestätigten demnach in Umfragen, dass die Zahlungen eine „große finanzielle Hilfe“ seien.

Elterngeld bremst Geburtenrückgang

Die Forscher vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (Iges) halten es unterdessen für bewiesen, dass das Elterngeld die Deutschen nun stärker zur Familiengründung animiert. Denn dem demographischen Trend nach müsste es in Deutschland im Jahr 2007 eigentlich 11.000 Geburten weniger als im Vorjahr geben – schließlich leben heute in der Bundesrepublik etwa 200.000 Frauen im gebärfähigen Alter weniger als im Jahr zuvor. Doch statt um 11.000 sinkt die Geburtenzahl für 2007 nur um 1700. Rund 9300 Kinder werden also entgegen dem demographischen Trend geboren.

Für Iges-Direktor Bertram Häussler ist deshalb der Zusammenhang zwischen der staatlichen Familienpolitik und der neuen Freude am Nachwuchs klar: "Für diese unerwarteten Geburten gibt es keine andere Erklärung als das Elterngeld“. Vor allem Frauen zwischen 25 und 39 Jahren wünschten sich vermehrt Kinder - und diese seien die Hauptzielgruppe des Elterngeldes, so Häussler.

Parallel zu diesem Trend gibt es auch eine sinkende Zahl der Schwangerschaftsabbrüche. Laut den Ergebnissen des Iges sinkt 2007 diese Zahl um 4300 Fälle. In diesem Jahr gibt es also nicht nur mehr Geburten, sondern auch weniger Abtreibungen. Eine solche Entwicklung konnten die Demografieforscher in den gesamten letzten zehn Jahren nicht beobachten können. Für die Analyse hatten die Berliner Forscher die aktuellen Bevölkerungszahlen des Statistischen Bundesamtes zu Grunde gelegt.

Ämter von Antragsflut überfordert

In einzelnen Bundesländern gibt es mittlerweile eine so große Nachfrage nach dem Elterngeld, dass die Ämter von der Antragsflut regelrecht überfordert sind.  Mehrere Bundesländer, darunter auch Berlin, wollen sich jetzt dafür einsetzen, dass das Antragsverfahren in Zukunft vereinfacht wird.

Familienministerin von der Leyen sagte dazu heute, dass es inzwischen „keine nennenswerten Verzögerungen“ mehr gebe. Die Bewilligung des Elterngeldes dauere heute im Schnitt vier bis sechs Wochen.

Jan Müller

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