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Politik: Embryonenschutzgesetz: Die Illusionen des Klonens (Gastkommentar)

herapeutisches Klonen heißt die neue Verheißung. In dem Ausdruck verbinden sich Heilung und Fortschritt, Hilfe und Zukunftsoffenheit, Moral und Wissenschaft aufs Schönste.

herapeutisches Klonen heißt die neue Verheißung. In dem Ausdruck verbinden sich Heilung und Fortschritt, Hilfe und Zukunftsoffenheit, Moral und Wissenschaft aufs Schönste. Wer sich dagegen auflehnt, hat es schwer: Er gilt als unbarmherzig und fortschrittsfeindlich zugleich. Ist es nicht wahr, dass die Fortschritte der Wissenschaft in den Dienst des Lebens gestellt werden sollen? Müssen wir nicht froh sein, wenn wirksame Mittel gegen Alzheimer oder Parkinson gefunden werden? Wäre es nicht ein Segen, wenn Patienten, die auf ein neues Herz angewiesen sind, sich nicht mehr vor der Abstoßungsreaktion fürchten müssen, weil dieses Herz aus geklonten Stammzellen entwickelt wurde?

So viel Zukunftsmusik in solchen Fragen auch stecken mag - sie sind alle zu bejahen. Eine Wissenschaft, die darauf aus ist, Leiden zu mindern, verdient Unterstützung. Wirksame Mittel gegen heute noch unheilbare Krankheiten sind zu begrüßen. Und Ersatzorgane aus eigenen Stammzellen sind erfreulicher als ein Schweineherz.

Aber der Zweck heiligt nicht das Mittel. Es ist eine Täuschung, wenn man wegen des guten Zwecks die Kritik am Mittel zurückweist. Heilen um jeden Preis, Verminderung des Leidens auf Teufel komm raus rückt auch den guten Zweck als solchen ins Zwielicht.

"Therapeutisches Klonen" ist ein beschönigender Ausdruck. Es soll ein Embryo produziert werden, der nach der Methode Dolly von einem lebenden Menschen geklont wurde. Ihm werden embryonale Stammzellen entnommen, aus denen Blutzellen, Nervenzellen, Muskelzellen oder eines Tages ganze Organe entwickelt werden.

Das ist in Wahrheit verbrauchende Embryonenforschung mit therapeutischer Verheißung. Embryonen werden produziert, die nur Material bereitstellen sollen. Der Embryo gilt nichts; dass er ein Mensch im Werden ist, wird ignoriert. Er ist nur ein Mittel; er wird instrumentalisiert. Mit der Erzeugung wurde das Todesurteil gleich mitgeliefert.

Denn dass dieser Embryo zur Welt kommt, soll ausgeschlossen sein. Es geht doch nur um "therapeutisches Klonen", reproduktives Klonen will niemand - so wird beruhigend gesagt. Aber der durch Klonen erzeugte Embryo kann ohne jede Schwierigkeit genauso einer Frau implantiert werden wie ein anderer Embryo aus dem Reagenzglas. Es ist überhaupt nicht zu erkennen, wie der Übergang dazu verhindert werden soll. Wer klont, der klont.

In Deutschland steht einstweilen das Embryonenschutzgesetz von 1990 dagegen. Dieses Gesetz schützt Embryonen im Reagenzglas wirksamer als Embryonen im Mutterleib. Das stimmt nicht nur; es lässt sich sogar erklären. Am Embryo im Mutterleib kann sich ein Konflikt entzünden; denn nun muss nicht nur der Embryo geschützt werden, sondern auch die Mutter. Beide, Mutter und werdendes Kind, in den Blick zu nehmen, ist die Aufgabe der gesetzlichen Regelung zum Schwangerschaftskonflikt.

Eine solche Regelung ist notwendigerweise ein Kompromiss. Wer dem Kompromiss entgehen will, wird zwangsläufig unbarmherzig. Er beschwört entweder das Lebensrecht des werdenden Lebens und ignoriert die Lage der Mutter; oder er verficht das Selbstbestimmungsrecht der Mutter und missachtet das Lebensrecht des Kindes. Gerade in einer so schwierigen Frage muss man deshalb sagen: lieber ein Kompromiss als pure Unbarmherzigkeit.

Einen solchen Konflikt gibt es beim im Reagenzglas erzeugten Embryo nicht. Jedoch ist er menschlichem Zugriff noch viel leichter ausgesetzt als der Embryo im Mutterleib. Deshalb ist es richtig, dass er stärker geschützt wird. Nun aber droht das Gegenteil. Jetzt soll die Rechtsstellung des Embryos im Labor weit schwächer werden als im Mutterleib. Ein Ding soll es sein, mit dem man alles machen kann, was man um eines vermeintlich guten Zweckes willen für nötig hält. Vor allem soll es erlaubt sein, ihn zu töten. Zu nichts anderem nämlich wird er überhaupt produziert.

Als einen himbeerfarbenen Klumpen hat einmal ein hoher Richter den menschlichen Embryo in seinen frühen Entwicklungsstufen bezeichnet. Unterschwellig hieß das: Man braucht ihn nicht so wichtig zu nehmen; er ist ein Ding, keine Person, ein Etwas, kein Jemand. Von Klumpen und Zellhaufen ist auch heute wieder die Rede, um unsere moralische Widerstandskraft zu unterlaufen. Das Staunen über das Wunder des Lebens soll uns ausgetrieben werden. Auf mich wirkt diese Art zu reden genauso menschenfeindlich wie das rechtsextreme Reden von "Zecken". Kein Zweifel: Gibt man diesem Denken nach, dann wird auch der noch verbliebene Schutz für den Embryo im Mutterleib zusammenstürzen wie ein Kartenhaus. Der Abtreibungskompromiss landet auf dem Müllhaufen der Geschichte. Nicht nur im Reagenzglas, auch im Mutterleib ist der Embryo dann nur noch ein Ding.

All das rechtfertigt man mit der Absicht, ein Leben ohne Leiden zu ermöglichen. Aber wer die Verletzlichkeit des Menschen ignoriert, ignoriert den Menschen überhaupt. Folgen hat das nicht nur für den Embryo. Der Mensch hört auf, eine Person zu sein. Seine Würde löst sich auf. "Therapeutisches Klonen" ist zu all dem der direkte Weg. Wir sollten uns durch den verführerischen Klang nicht verleiten lassen. Es geht darum, dass menschliches Leben mit dem Ziel erzeugt wird, es zu töten. Wer davon Hilfe erhalten soll, der kann dieser Hilfe nicht froh werden. Er muss von der Wissenschaft erwarten, dass sie andere Wege geht. Diesen aber bitte nicht.

Es ist an der Zeit, von der Heiligkeit des Lebens zu reden und von der Würde der Person - nicht nur von therapeutischem Klonen.

Wolfgang Huber

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