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Politik: Embryonenschutzgesetz: Erst prüfen, dann forschen (Gastkommentar)

In Deutschland ist das Klonen von menschlichen Embryonen verboten. Schon der Versuch ist strafbar.

In Deutschland ist das Klonen von menschlichen Embryonen verboten. Schon der Versuch ist strafbar. Das Embryonenschutzgesetz spricht hier eine deutliche Sprache. Als das Gesetz vor bald zehn Jahren in Kraft trat, gab es in unserer Gesellschaft einen großen Konsens über Möglichkeiten und Grenzen der künstlichen Befruchtung: Außerhalb des Mutterleibs erzeugte Embryonen dürfen lediglich zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet werden. Die befruchtete, entwicklungsfähige Eizelle - auch das ist eine bislang unbestrittene gesellschaftliche Übereinkunft - ist schützenswertes menschliches Leben, das nicht zur Disposition gestellt werden darf. Allerdings konnte der Gesetzgeber 1990 die rasanten Entwicklungen der biomedizinischen Wissenschaften seit 1997 nicht kennen: Durch das Klonschaf Dolly, zu dessen Entstehung ein Körperzellkern in eine leere Eizellhülle eingebracht worden war, ist eine völlig neue Methode der Biologie entstanden, die potenziell auch beim Menschen einsetzbar wäre; diese Methode ist die Basis für das sogenannte therapeutische Klonen, von dem sich Stammzellforscher neue Heilerfolge versprechen. Dabei würden menschliche Embryonen kurz nach ihrer Entstehung regelrecht geopfert; denn eine eigens für diese Zwecke erzeugte körperkernbefruchtete Eizelle würde nicht in den Mutterleib eingebracht, sondern nach der Entwicklung und Entnahme von Stammzellen dem Absterben anheim gegeben. Damit würde der derzeitige - auf den biowissenschaftlichen Ergebnissen vor 1997 beruhende - Konsens in unserer Gesellschaft aufgekündigt.

Deshalb ist für mich vor allen eventuellen weiteren Entwicklungen in Deutschland eine offene gesellschaftliche Diskussion über dieses Thema zwingend notwendig. Die Staatengemeinschaft in Europa hat bereits 1998 in einem Zusatzprotokoll zur Biomedizinkonvention des Europarats festgelegt, das Klonen von menschlichen Lebewesen zu verbieten. Inwieweit dieses Protokoll auch die jetzt von Großbritannien vorgeschlagenen therapeutischen Klonmethoden erfasst, bedarf deshalb dringend auch der rechtlichen Überprüfung.

Eine vorschnelle Lockerung des deutschen Embryonenschutzgesetzes als Reaktion auf den britischen Vorstoß zur Legalisierung des so genannten therapeutischen Klonens ist der falsche Weg. Vor allem zwei Aspekte müssten zuvor thematisiert werden: Zum einen muss geklärt werden, ob nicht auch mit körpereigenen erwachsenen, also nicht embryonalen Stammzellen neue Therapien für bislang unheilbare Krankheiten entwickelt werden können - neuere wissenschaftliche Ansätze stützen diese Vermutung. Zum anderen muss man sich deutlich vor Augen führen, dass das Klonen von Embryonen - auch schon in sehr frühen Stadien - ganz erhebliche Auswirkungen auf unser Verständnis von schützenswertem menschlichem Leben haben wird.

Durch das Klonen würden Formen frühesten menschlichen Lebens auf eine bloße Funktion reduziert. Klonierte Embryonen wären dann lediglich so genannte Bio-Rohstoffe für medizinische Anwendungen.

Das therapeutische Klonen stellt damit grundsätzlich in Frage, dass menschliches Leben mit der Befruchtung bzw. der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt und geschützt werden muss. Deshalb darf sich die öffentliche Diskussion nicht nur auf dieses eine Thema beschränken. Wer nur das therapeutische Klonen sieht und meint, er könne einer Debatte um Schwangerschaftsabbrüche ausweichen, irrt. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Der Schutz des ungeborenen Lebens ist grundsätzlich unteilbar, auch wenn der Paragraph 218 StGB in Deutschland daran erhebliche Zweifel aufkommen lässt.

Es kommt jetzt nicht darauf an, eine "schnelle Diskussion" zu führen. Wir brauchen eine breite öffentliche Diskussion über die Möglichkeiten und ethischen Folgen des therapeutischen Klonens. Die Gesellschaft muss wissen, dass das Klonen von frühen Embryonen an elementaren Wertmaßstäben rührt. Aufklärung und Diskussion - das ist das Gebot der Stunde.

Jörg-Dietrich Hoppe

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