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Ein Bild aus besseren Zeiten: Der baden-württembergische Finanzminister Willi Stächele, der baden-württembergische Kultusminister Helmut Rau und der designierte baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappussprechen im Jahr 2009 auf dem CDU-Bezirksparteitag in Rust miteinander.

© dpa

EnBW-Affäre um Mappus: Staatsanwaltschaft weitet die Ermittlungen aus

Beim EnBW-Deal in Stuttgart konzentrierte sich die Staatsanwaltschaft bisher auf Ex-Ministerpräsident Mappus. Nun sind zwei weitere Minister im Visier. Was bedeutet das für den Fortgang der Affäre?

Mitten hinein in eine eher unergiebige Zeugenvernehmung des Stuttgarter Untersuchungsausschusses zum EnBW-Deal platzte am Freitag die Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ausweitet. Sie zielt nun auch auf den ehemaligen Finanzminister Willi Stächele und Ex-Staatsminister Helmut Rau (beide CDU).

„Das hat mich überrascht“, sagt Stächele umgehend der Nachrichtenagentur dpa. Der Verdacht werde sich jedoch als unbegründet erweisen, schließlich habe er „pflichtgemäß“ gehandelt. Allerdings an der Verfassung vorbei, wie der Staatsgerichtshof schon im vergangenen Jahr festgestellt hat: Erst Stächeles Unterschrift unter einem für Katastrophen, aber nicht für Firmenkäufe vorgesehenen Notbewilligungsparagrafen machte die nahezu fünf Milliarden Euro schwere Übernahme des Aktienpakets am Energieversorger EnBW durch das Land überhaupt erst möglich.

Und Staatsminister Rau war in den Deal eingeweiht, denn er war von Mappus zum Chef der eigens für den Kauf installierten Holding NeckarPri berufen worden. Raus Unterschrift unter den Kaufvertrag und Stächeles Notbewilligung des Kaufpreises begründeten den Anfangsverdacht der Untreue, meint die Staatsanwaltschaft.

Nach dem ehemaligen Regierungschef Stefan Mappus, seinem derzeit freigestellten Investmentbanker Dirk Notheis von Morgan Stanley und einer Düsseldorfer Werbeagentur sind mit den ehemaligen Ministern Stächele und Rau jetzt fast alle am Deal vom Dezember 2010 Beteiligten im Visier der Strafverfolger. Nur nicht die Anwaltskanzlei Gleis-Lutz, die Mappus angeblich nicht ausreichend vor der Verfassungswidrigkeit der Abwicklung gewarnt hat. Noch nicht?

Doch zurück in den Moser-Saal des Stuttgarter Landtages: Als die Nachricht in der Zeugenvernehmung die Runde macht, gehen die meisten Journalisten und einige Obleute hinaus auf den Flur, die Verhandlung kommt zum Erliegen. Ausschussvorsitzender Ulrich Müller (CDU) muss sie schließlich unterbrechen. Das zeigt deutlich, wo gerade die Musik spielt: bei der Staatsanwaltschaft. Im Gegensatz zu Mappus und Notheis gibt es bei Stächele und Rau aber keine Hausdurchsuchungen.

Etwas Aufregung in die ergebnisarme Zeugenvernehmung bringt nur Max Munding, der eher trockene Chef des Landesrechnungshofes. Seine Behörde hatte zu Wochenbeginn in einem Gutachten den Deal und die Arbeit der Investmentbanker massiv kritisiert und am administrativen Verfahren kein gutes Haar gelassen. „Wir sind dazu berufen, die Regeln für Investitionsentscheidungen auszulegen“, sagt Munding selbstbewusst.

Die entscheidende, noch offene Frage allerdings lässt er weiter unbeantwortet: War das Aktenpaket jene 4,7 Milliarden wert, die Notheis, Mappus und der französische Staatskonzern vereinbart hatten? „Das ist rückwirkend nicht machbar“, behauptet Munding nun.

Ist es doch, sagt hingegen ein weiteres Gutachten: Im Auftrag der Landesregierung siedelt eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Wert des Pakets mittlerweile um exakt 834,9 Millionen Euro niedriger an. Die Expertise dient jetzt als Argumentationshilfe im Schiedsgerichtsprozess gegen den Verkäufer EdF. Von dem hatte die neue grün-rote Landesregierung sogar zwei Milliarden Euro Nachlass gefordert.

Ganz anders Stefan Mappus: „Ich war, bin und bleibe überzeugt davon, dass der Preis in Ordnung ist“, ließ der im Frühjahr 2011 von der grün-roten Landesregierung abgelöste Ex-Regierungschef am Freitag verlauten. Nicht im Ausschuss, wo seine zweite Zeugenvernehmung noch offen ist, sondern massenwirksam in der „Bild“-Zeitung.

Den Ermittlungen gewinnt er Positives ab, sie würden ihm die Chance geben, „die erhobenen Vorwürfe zu widerlegen“. Es werde sich herausstellen, dass die vor allem vom Rechnungshof vorgebrachte Kritik „weitestgehend haltlos ist und dass wir demzufolge in einer zugegebenermaßen außergewöhnlichen Situation ökonomisch korrekt gehandelt haben“.

Die baden-württembergische CDU, die immer weiter von ihrem einstigen Frontmann abrückt, beschäftigt derweil ganz andere Fragen. „Wenn man den Weg der Aufklärung und Transparenz geht, muss man ihn zu Ende gehen, sonst wird man unglaubwürdig“, seufzt der CDU- Fraktionsvize Volker Schebesta. Dieser Weg wird immer länger: Mit den staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen seine beiden südbadischen Parteifreunde verlängert sich wohl die Ausschussarbeit bis in den Bundestagswahlkampf 2013 hinein.

Grün-Rot will das nicht ausschließen, die CDU hingegen fürchtet genau dies. „Wir beschäftigen uns mit nichts anderem mehr“, klagt Schebesta. An den Neuanfang, den die Christdemokraten mit einem Parteitag am Samstag kommender Woche geplant hatten, denkt derzeit niemand mehr.

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