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Politik: Energie für die Politik

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer bekommt seinen Strom billiger. Kaum jemand regt sich auf

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Für den Essener Stromkonzern RWE ist es nicht ungewöhnlich, dass Politiker wie der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer mit ihrer persönlichen Stromrechnung einen Mitarbeiterrabatt erhalten. Nicht nur, weil Meyer bis heute ein ruhendes Beschäftigungsverhältnis mit der VEW AG hat, die RWE vor einigen Jahren übernahm, und deren Mitarbeiter bis heute die Rabatte genießen. Sondern auch, weil Meyer nicht der einzige Politiker mit Anstellungsvertrag ist, dessen gesellschaftliche Arbeit vom Konzern unterstützt wird. Rund 200 solcher Beschäftigten zählte RWE am Wochenende. Politiker, Stadträte, aber auch Schöffen sind darunter. Sie alle stehen – in der einen oder anderen Weise – in den Mitarbeiterlisten des Konzerns und haben damit Zugang zu dessen tariflichen Bedingungen. Das Stromdeputat für den CDU-Generalsekretär: „Was soll daran Außergewöhnliches sein?“, fragte ein Konzernsprecher am Samstag achselzuckend.

Auch in den Berliner Partei- und Fraktionszentralen wollte erst einmal kaum jemand Anstoß daran nehmen, dass der CDU-General zwar außer einem Stück Papier seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Arbeitgeber hat, dafür aber dessen Mitarbeiter-Sonderkonditionen regelmäßig in Anspruch nimmt. Meyers eigene Parteizentrale wertete das Deputat als Verdienst, das sich Meyer mit seiner 25-jährigen VEW-Beschäftigung erworben habe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, wollte „nichts Vorwerfenswertes“ daran finden. Und für die SPD-Zentrale war die ganze Aufregung nicht einmal eine Bemerkung wert. Lediglich die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, kritisierte die Sonderkonditionen. „Fakt ist, dass Herr Meyer, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, für Strom von RWE weniger zahlen muss als jeder Normalbürger. Fakt ist, dass dies auch eine Art Einnahme ist. Darüber gilt es zu sprechen, und nicht, ob Herr Meyer diese Mehreinnahme versteuert hat oder nicht.“

In der Tat – das streitet niemand ab – gibt Meyer jedes Jahr auf seiner Steuererklärung Einnahmen von rund 1400 Euro im Jahr an. Das ist der geldwerte Vorteil aus dem RWE-Stromrabatt. Dass er diese Differenz seiner eigenen Stromrechnung zu der eines Normalverbrauchers regelmäßig deklariert und also den Bonus versteuert, hat Meyer erklärt. In strafrechtlicher Weise relevant ist die Sache also nicht. Und gegen geltende Bestimmungen für Bundestagsabgeordnete hat Meyer auch nicht verstoßen. Bleibt allenfalls die Frage, wie viele Schwimmbäder Meyer mit Strom beheizt, wenn man in Rechnung stellt, dass eine durchschnittliche vierköpfige Familie in Deutschland im ganzen Jahr nur etwa die Hälfte dessen für Strom bezahlt, was Meyer allein als geldwerten Vorteil angibt.

Aber nicht nur finanziell, auch politisch ist der Fall RWE/Meyer noch nicht zu den Akten gelegt. Denn – Zufall oder nicht – folgt die Enthüllung des RWE-Rabatts unmittelbar auf die Veröffentlichung der RWE-Vergütung des früheren Vorsitzenden der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz. Der hatte in den vergangenen Tagen auf Druck seiner eigenen Partei seine Ämter aufgegeben, weil ihm RWE ohne erkennbare Gegenleistung 60 000 Euro pro Jahr überwies und damit Vermutungen aufkamen, Arentz betreibe versteckten Industrielobbyismus. Hatte da jemand ein Interesse daran, Details aus Meyers Steuererklärung offen zu legen? Etwa, um im Nachhinein noch einmal klar zu belegen, dass Arentz nicht ob seiner RWE-Bezüge gehen musste, sondern weil seine sozialpolitischen Querschläger der Unionsführung ein Dorn im Auge waren?

Meyer selbst lässt sich nicht beirren. Er will an seinem Vertrag mit RWE festhalten. „Ich werde auf diesen Vertrag keinesfalls verzichten, weil er mir die Freiheit gibt, jederzeit wieder in die Industrie zurückkehren zu können“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

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