zum Hauptinhalt

Energiepolitik: Cheney wirft Putin "Erpressung" vor

US-Vizepräsident Dick Cheney hat die russische Regierung außergewöhnlich scharf angegriffen. Der Stellvertreter von US-Präsident George W. Bush warf Moskau vor, seine riesigen Energievorkommen zu nutzen, um seine Nachbarn zu erpressen.

Vilnius - "Russland muss sich entscheiden", ob es weiter demokratische Reformen verfolgen oder die Erfolge des vergangenen Jahrzehnts wieder zunichte machen wolle, sagte Cheney in der litauischen Hauptstadt Vilnius, wo er an einem Regionalgipfel osteuropäischer Staaten teilnahm.

"Es dient keinem legitimen Interesse, wenn Öl und Gas zu Werkzeugen der Einschüchterung und Erpressung werden, etwa durch Manipulation der Versorgung oder Versuche, den Transport zu monopolisieren", sagte Cheney. Russland war im Januar international in die Kritik geraten, nachdem es der Ukraine wegen eines Preisstreits vorübergehend den Gashahn zugedreht hatte. Davon waren auch Lieferung an Westeuropa beeinträchtigt. Cheney kündigte an, die USA würden das Thema beim G8-Gipfel in St. Petersburg ansprechen.

Für den Zustand der Demokratie in Russland fand Cheney ebenso deutliche Worte. Niemand dürfe die "territoriale Integrität eines Nachbarn untergraben oder demokratische Bewegungen stören". Die USA und Europa sähen Russland gerne unter den "gesunden Demokratien". Doch versuchten Demokratiegegner in Russland, das Rad zurückzudrehen und die Errungenschaften des letzten Jahrzehnts umzukehren.

"Russland hat die Wahl, und zweifellos wird eine Rückkehr zu demokratischen Reformen in Russland weitere Erfolge für das Volk und wachsendes Ansehen in anderen Ländern hervorbringen", sagte Cheney. "Russland hat nichts zu fürchten, sondern kann alles gewinnen von starken, stabilen Demokratien in seinen Nachbarländern", fügte er hinzu. Das benachbarte Weißrussland bezeichnete er als "letzte Diktatur" Europas. In Europa sei kein Platz für ein autokratische Staatsführung wie die von Präsident Alexander Lukaschenko.

Der Vize-Vorsitzender der russischen Staatsduma, Wladimir Schirinowski, nannte Cheneys Äußerung laut Interfax "völlig unbegründet". Auch der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow reagierte empört und sprach von einer Provokation.

Das auch als Ostsee- und Schwarzmeergipfel bezeichnete Treffen begann mit einem Bekenntnis zur Unterstützung der jungen Demokratien im ehemals kommunistischen Osteuropa. Der litauische Präsident Valdas Adamkus forderte von der Europäischen Union eine "Vision für Europas östliche Nachbarn". "Eine Vision, die uns verpflichtet auf ein großes und freies Europa, eingebunden in gemeinsame Werte, genährt von gemeinsamen Interessen und verbunden mit wirtschaftlicher Integration", sagte Adamkus zur Eröffung des Gipfels.

Das Treffen unter dem Motto "Common Vision for Common Neighborhood" (Gemeinsame Vision für eine gemeinsame Nachbarschaft) ist in eine mehrtägige Konferenz eingebettet. Unter den Teilnehmern sind die Staatsoberhäupter aus Lettland und Estland, aus den beiden EU-Kandidatenländern Rumänien und Bulgarien sowie aus Georgien, Moldawien und der Ukraine. Ingesamt nehmen Vertreter aus 25 Ländern teil, darunter aus Russland und Aserbaidschan. Brüssel ist durch den EU-Außenbeauftragten Javier Solana vertreten. (tso/AFP/dpa)

Zur Startseite