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Energiewende: Die Wirtschaft ist gespalten

Die deutsche Industrie ist beides: Stromkunde und Stromproduzent. Welche Haltung hat die Wirtschaft in der Energiewende-Debatte?

Die Wirtschaft ist tief gespalten über das Projekt Energiewende und den Verlauf der politischen Diskussion. Im Prinzip trennt die Debatte – wen wundert’s – die Unternehmen, die von dem Umbau des Energiesystems wenigstens indirekt profitieren, von denen, die für das Generationenprojekt bezahlen sollen. Direkt nach dem Fukushima-Gau 2011 gaben sich die Industrieverbände noch relativ zahm, ihre Vertreter trauten sich nur hinter vorgehaltener Hand, den erneut beschlossenen Atomausstieg zu kritisieren – obwohl Kernkraft der Industrie stets stabil günstigen Strom garantierte. Das hat sich in den letzten Wochen geändert: Offen wettern die Verbände gegen weiter steigende Strompreise und setzen sich für eine Abschaffung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), das den Erzeugern regenerativen Stroms seit mehr als zehn Jahren fixe Vergütungssätze garantiert und damit maßgeblich die Entstehung eines neuen Wirtschaftszweiges ermöglichte.

Die Industrieverbände argumentieren nicht nur mit den hohen Stromkosten für ihre Mitgliedsunternehmen – zumal das immer weniger greift, da mehr und mehr Betriebe als besonders große Stromverbraucher von der EEG-Umlage und der Finanzierung der Energiewende befreit werden. Unternehmen versuchen derzeit auch Privatverbraucher zu mobilisieren. Die sollen bei der Politik Druck machen. So fährt der wirtschaftsfreundliche Lobbyverband Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) eine Werbekampagne unter dem Motto: „EEG stoppen“. „Hilfe! Die Energiewende wird unbezahlbar“, heißt es aktuell etwa auf Plakaten. Das Projekt brauche Wettbewerb statt Subventionen.

In der Energiewirtschaft, die unmittelbar mit der Umsetzung der Wende befasst ist, ist man vorsichtiger. Dort begrüßen mittlerweile auch die großen Stromkonzerne zumindest Teile des Projektes, da auch sie viel Geld mit Windrädern und Solaranlagen verdienen. Hildegard Müller, die als Chefin im Verband BDEW die Interessen von 1800 Firmen zusammenfasst, bescheinigte Kanzlerin und Länderchefs gestern immerhin, auf dem richtigen Weg zu sein. „Es ist erfreulich, dass Bund und Länder nun an einem Strang ziehen wollen“, sagte sie nach dem Gipfel. Jetzt müssten Taten folgen, damit keine Zeit verstreiche.

Am meisten zu verlieren haben die Hersteller von Wind-, Solar- und Biomasseanlagen. Denn dass das EEG nicht zu ihren Gunsten reformiert wird, gilt als ausgemacht. Kevin P. Hoffmann

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