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Energiewende: Koalition will Atomausstieg bis spätestens 2022

Die schwarz-gelbe Koalition will bis zum Jahr 2022 endgültig aus der Atomenergie aussteigen. Der Großteil der Meiler soll bis 2021 vom Netz. Auf dieses Modell verständigten sich die Koalitionsspitzen in der Nacht zum Montag im Kanzleramt.

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Der Großteil der Atomkraftwerke soll bis 2021 vom Netz gehen. Darauf verständigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die Koalitionsspitzen. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, sollen die letzten drei Meiler aber erst 2022 abgeschaltet werden. Diese Anlagen würden als eine Art "Sicherheitspuffer" angesehen.

Unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verhandelten die Spitzen von Union und FDP bis in die Nacht hinein um die Eckpunkte ihrer Energiewende. Einigkeit erzielten sie auch über die Zukunft der Brennelementesteuer. Sie soll erhalten bleiben, hieß es in Koalitionskreisen am Abend. Die Steuer wird von den Atomkonzernen gezahlt und beträgt voraussichtlich rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr.

Bei der Energiewende sollen nach den Plänen der Koalition Kapazitäten von abgeschalteten Atomkraftwerken für eine gewisse Zeit im "Stand-by"-Modus als Reserve genutzt werden. Mit dieser Reserve "im Umfang des Bedarfs" könne notfalls auf Schwankungen in der Stromversorgung reagiert werden, hieß es. Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur werden etwa 2000 Megawatt benötigt - dies würde in etwa der Leistung von zwei zunächst stillgelegten, älteren AKW entsprechen.

Am Rande des Treffens verlautete zunächst, dass die Partner ein Ende der Atomenergie für das Jahr 2021 anpeilten. FDP-Chef Philipp Rösler hatte jedoch vor dem Treffen vor einem Bieterwettbewerb um das Datum des Ausstiegs gewarnt: "Der Weg bis dahin ist entscheidend", sagte der Wirtschaftsminister. Die FDP strebte einen zeitlichen Korridor an, um bei Problemen nachsteuern zu können.

Seehofer will in zehn Jahren Ende der Kernenergie

CSU-Chef Horst Seehofer machte sich für ein Abschalten aller AKW innerhalb von zehn Jahren stark. Er beruft sich auf die Empfehlung der 17-köpfigen Ethikkommission. Die Expertenrunde empfiehlt der Bundesregierung in ihrem Abschlussbericht, den Ausstieg aus der "Nutzung der Kernenergie innerhalb eines Jahrzehntes" umzusetzen. "Im besten Fall kann der vorgenannte Zeitraum des Ausstiegs von zehn Jahren verkürzt werden", heißt es in dem 49-seitigen Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt. "Der Ausstieg ist nötig und wird empfohlen, um Risiken, die von der Kernkraft in Deutschland ausgehen, in Zukunft auszuschließen. Er ist möglich, weil es risikoärmere Alternativen gibt", heißt es weiter. Mit Blick auf die bisherige Risikobewertung der Atomenergie stellt die Kommission fest: "Die technische Risikodefinition, das Ausmaß von Störfällen mit der Wahrscheinlichkeit ihres Eintreffens zu gewichten, reicht zur Bewertung der Kernenergie nicht aus und führt systematisch zu einer nicht akzeptablen Relativierung von Risiken."

Merkel hatte die Kommission nach der Atomkatastrophe von Fukushima einberufen. Die Kommission unter dem Vorsitz des früheren Chefs des UN-Umweltweltprogramms, Klaus Töpfer, und dem Chef der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, will den Bericht am Montagabend erstmals öffentlich zur Debatte stellen.

Am späten Sonntagabend trafen die Spitzen von SPD und Grünen im Kanzleramt ein, um über die schwarz-gelben Pläne informiert zu werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) strebt einen Konsens mit ihnen an, um das Thema Atom endgültig aus der Kampfzone zu holen.

Die Spitzen der Opposition lassen diesen Konsens offen und sehen die schwarz-gelbe Koalition bisher nicht auf einem klaren Ausstiegskurs. "Es gibt ganz viele Fragen, die nicht klar sind", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel nach Vorstellung des möglichen Ausstiegsszenarios durch die Koalitionsspitzen im Kanzleramt.

Trittin: "Die Hintertüren sind noch nicht zu"

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte: "Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Koalition dabei ist, sich von ihrer historischen Fehlentscheidung vom letzten Herbst zur Laufzeitverlängerung unter erheblichen Schmerzen zu verabschieden." SPD und Grüne pochten darauf, dass keine Revisionsklauseln eingebaut werden dürften. "Die Hintertüren sind noch nicht zu", sagte Trittin.

Der frühere Umweltminister Gabriel nannte den von der Regierung vorgestellten Plan, abgeschaltete AKW als Reserve für mögliche Stromengpässe bereit zu halten, fragwürdig. Er kenne kein Atomkraftwerk, dass man als Kaltreserve fahren könne. "Das sind Vorstellungen, die mit der technischen Wirklichkeit wenig zu tun haben", sagte Gabriel. (mit dpa)

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