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Dicke Luft. Die Drohung von RWE, den Braunkohleabbau in NRW zu beenden, steht im Raum. Die SPD fürchtet um Jobs.

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Energiewende: Volle Kraft zurück?

Vor den Koalitionsgesprächen zur Energie streitet die SPD um ihren Kurs. Generalsekretärin Nahles spricht von Missverständnissen. Und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin hat ihre ganz eigenen Vorstellungen.

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Wie umstritten die Energiepolitik in der SPD ist, zeigt schon ein Blick auf die Verhandlungsgruppe für den Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien. Die SPD-Verhandlungsführerin, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, hat sich vor allem mit Landespolitikern umgeben, lediglich eine Bundestagsabgeordnete ist in der Gruppe vertreten: Nina Scheer. Sie ist die Tochter des verstorbenen Solarpapstes Hermann Scheer, von Beruf Violinistin und gerade zum ersten Mal in den Bundestag eingerückt. Es fehlen der bisherige SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber, der in der SPD für erneuerbare Energien steht, und der im „Team Steinbrück“ für das Energiethema zuständige thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig.

Kraft mit Helm RAG und Kohlestaub im Gesicht
Hannelore Kraft (SPD) hat als Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen ziemlich viel Nähe zur Kohleindustrie gezeigt. Deshalb wird sie nun von Umweltschützern und ihrem grünen Koalitionspartner in NRW angegriffen.

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Vor diesem Hintergrund sind die heftigen Reaktionen insbesondere des grünen Koalitionspartners von Hannelore Kraft in NRW auf ein Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ zu verstehen. Da hatte Kraft gesagt: „Wichtig ist, dass wir die Industriearbeitsplätze in unserem Land erhalten.“ Und weiter meinte sie, dass es entscheidend sei, „neben der Versorgungssicherheit auch die Preise für Verbraucher und Unternehmen im Blick zu haben“. Der Klimaschutz kam in dem Interview zwar auch vor, aber besonders wichtig schien er der SPD-Politikerin nicht zu sein. Genau das kritisieren die Grünen in NRW, für die die Äußerungen von Kraft und ihrem Wirtschaftsminister Garrelt Duin, der milliardenschwere Subventionen für notleidende Kohlekraftwerke verlangt, einem Koalitionsbruch ziemlich nahe kommen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bestritt, dass Kraft sich von der bisherigen Linie der SPD entfernt habe. Meldungen, wonach sie vom Klimaschutz abrücke, basierten auf einer „Missdeutung“ eines Interviews mit ihr. „Wir halten an unseren Klimaschutzzielen fest“, versicherte Nahles. Die SPD gehe „mit einer gemeinsamen, geschlossenen Haltung“ in die Energie-Verhandlungen mit der Union, die am Donnerstag beginnen sollen. Zu dem Thema hätten Parteivorstand, die SPD- Vertreter in der großen Verhandlungsrunde und die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen eine „ausgesprochen ruhige und sachliche Diskussion“ geführt.

Viele Kommunen verlieren Geld in Kraftwerken

Kraft steht unter ziemlichem Druck der Industrie. Der Stahlkonzern Thyssen hat wieder einmal damit gedroht, seine Produktion in Duisburg zu schließen, wenn er in Zukunft zum Ausbau erneuerbarer Energien in voller Höhe herangezogen werden sollte. Die Energiekonzerne Eon und RWE, beide mit Sitz in NRW, tun sich mit der Energiewende schwer und haben massiv an Wert verloren. Das ist für viele Ruhrgebietsstädte vor allem deshalb schmerzlich, weil sie an RWE als kommunale Anteilseigner beteiligt sind. In diesem Jahr hat RWE die Dividende bereits halbiert, für das kommende Jahr sind weitere Kürzungen angekündigt, weil sich die Stromproduktion vor allem mit neueren Kraftwerken im derzeit bestehenden Strommarkt nicht mehr lohnt. Das bekommen auch die Anteilseigner der Stadtwerke zu spüren, die gemeinsam den Stadtwerkeverbund Trianel gegründet haben, in dem das Ruhrgebiet ebenfalls stark vertreten ist. Garrelt Duin hat der „Wirtschaftswoche“ mit bemerkenswerter Offenheit gesagt, was ihn bedrückt: „Da schließt dann noch das letzte Hallenbad, weil die Kraftwerke so hohe Verluste produzieren.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert die Arbeitsgruppen nach Angaben von Teilnehmern auf, schnell konkrete Ergebnisse vorzulegen. Er wolle nicht alles selbst mit CDU-Chefin Angela Merkel und CSU- Chef Horst Seehofer verhandeln, sagte er mit Blick auf den Mitgliederentscheid der SPD.

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