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Entführung: Geiseln im Jemen getötet

Drei im Jemen entführte Frauen sind erschossen worden, unter ihnen sind höchstwahrscheinlich auch Deutsche. Das verlautete aus jemenitischen Sicherheitskreisen.

Unbekannte haben im Jemen zwei deutsche Frauen und eine Koreanerin getötet, die am vergangenen Freitag nördlich von Sanaa verschwunden waren. Das berichteten übereinstimmend Provinzbeamte und Stammesführer in der nordwestlichen Provinz Saada. Ein Beamter des Innenministeriums hatte zunächst erklärt, die Leichen seien an einem entlegenen Ort im Al-Nuschur-Tal nahe der Ortschaft Akwan gefunden worden. Die Frauen seien durch Schüsse getötet worden.

Im Auswärtigen Amt in Berlin gab es für den Bericht über den Leichenfund zunächst keine Bestätigung.

Unklar ist das Schicksal der sechs anderen Ausländer, die zusammen mit den drei Frauen verschwunden waren. Für Berichte, wonach angeblich noch weitere Leichen gefunden wurden, gab es zunächst keine verlässlichen Quellen. Arabische TV-Sender hatten gemeldet, sogar sieben der insgesamt neun vermissten Ausländer seien getötet worden. Beamten berichten zudem, zwei der Kinder, die verschwunden waren, sind nun lebend gefunden worden.

Zu der Gruppe hatten ein deutscher Techniker, seine Ehefrau sowie die drei gemeinsamen Kinder des Paares gehört. Mit ihnen waren zwei deutsche Pflegehelferinnen, eine südkoreanische Lehrerin und ein britischer Ingenieur unterwegs gewesen. Die Ausländer waren alle in einem Krankenhaus in Saada beschäftigt.

Das jemenitische Verteidigungsministerium machte Rebellen für die Tat verantwortlich. Angeführt von Mitgliedern des Huthi-Clans hatten die Rebellen im Jahr 2004 einen Aufstand gegen die Regierung begonnen, der sie wirtschaftliche und religiöse Diskriminierung vorwerfen. Dabei schrecken sie auch vor Entführungen nicht zurück. Am Freitag, an dem gleichen Tag also, an dem auch die neun Ausländer verschleppt worden waren, hatten Stammesangehörige 24 Ärzte und Krankenschwestern laufen gelassen, die sie tags zuvor verschleppt hatten. Nach Angaben der Regierung hatten sie die Freilassung von zwei Häftlingen gefordert.

Im aktuellen Fall aber wiesen Stammesvertreter die Vorwürfe zurück. Ein Mitglied des schiitischen Huthi-Clans erklärte, der Stamm habe mit der Entführung nichts zu tun. Im Gegensatz zu anderen Fällen gab es diesmal auch keine Forderungen an die jemenitische oder deutsche Regierung, so dass die Behörden in Berlin das Wort Entführung bislang vermieden hatten.

In Jemen werden vergleichsweise häufig westliche Touristen oder Arbeiter entführt. Meistens werden sie nach der Zahlung von Lösegeld freigelassen, ohne dass es zu Gewalt kommt. Darüber hinaus verzichtet die Regierung normalerweise auf riskante Befreiungsaktionen und verlässt sich, um die Freilassung der Ausländer zu erreichen, lieber auf das Verhandlungsgeschick von Scheichs, die dem Stamm der Entführer angehören.

Auch Deutsche waren schon häufig Opfer von Entführungen. Als prominentester Fall gilt der des ehemaligen Staatssekretärs Jürgen Chrobog, der mit seiner Frau und drei erwachsenen Söhnen im Dezember 2005 verschleppt worden war. Zuletzt traf es im Januar einen deutschen Ingenieur, der aber nach wenigen Tagen wieder freigelassen wurde. Einen Monat zuvor hatten Stammesangehörige eine deutsche Entwicklungshelferin und ihre Eltern etwa eine Woche in ihrer Gewalt, ehe sie frei kamen.

Der Jemen liegt an der Südspitze der arabischen Halbinsel und zählt zu den ärmsten Ländern des Nahen Ostens. Die zunehmende Unruhe dort, wie etwa der beschriebene Aufstand im nordwestlichen Saada, nährt Befürchtungen, dass sich das südarabische Land zu einer neuen Hochburg für radikalen Islamisten entwickelt. So gibt es im Jemen durchaus al-Qaida-Terrorzellen, die schon mehrfach Ausländer getötet hatten. In der mehrheitlich von Schiiten bewohnten Provinz Saada gab es zwar bislang keine bekannte Präsenz der sunnitischen Terrorgruppe, doch der Ort, an dem jetzt die Leichen der drei Frauen gefunden wurden, liegt nicht weit von der Jawf-Region entfernt, in der al-Qaida-Terroristen bereits untergetaucht waren.

ZEIT ONLINE, kg, dpa, Reuters

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