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Politik: „Entschuldigungen sind nur Worte“

Der US-Botschafter will durch Taten überzeugen – und sagt: Wir manipulieren hier keine Handys.

Herr Botschafter, Sie sind angetreten, um nach den NSA-Schnüffeleien Vertrauen zurückzugewinnen. Aber täglich gibt es neue Vorwürfe. Viele Deutsche fühlen sich betrogen und belogen.

Wir verstehen, wie tief die Verärgerung bei der Regierung und der Bevölkerung ist. Ich habe das unmissverständlich nach Washington gemeldet. Wir nehmen das sehr ernst. Das zeigt schon das hochrangige Treffen mit Kanzleramtsvertretern, wohl im Westflügel des Weißen Hauses.

Das sind schöne Worte. Sie haben Vertrauen verspielt. Was werden Sie tun?

Der Präsident hat eine Überprüfung aller Nachrichtendienstaktivitäten angeordnet, auf allen Ebenen. Auch die Gesetze bis hin zum Patriot Act werden überprüft und eventuell geändert. Nicht alles, was wir technisch können, sollten wir tun. Eine Schlüsselfrage wird sein, ob die Gewaltenteilung mit der technologischen Entwicklung mithalten kann. Die Beziehung zu Deutschland ist so wichtig, dass wir das mit unseren Partnern und Freunden bereden. Das Ergebnis werden wir vor Weihnachten präsentieren, Mitte Dezember.

Partner und Freunde? John Kornblum sagt, Staaten können keine Freunde sein.

Da muss ich meinem Vorgänger widersprechen. Wir sind Partner und Freunde. Wir müssen da zusammen durch. Es gibt so viele Dinge, die wir gemeinsam tun müssen: Syrien und Iran, das Freihandelsabkommen – das alles ist im nationalen Interesse der USA und Deutschlands.

Glauben Sie, dass das deutsch-amerikanische Verhältnis Schaden genommen hat?

Ich erwarte keinen Schaden für die langfristigen Beziehungen. Viele Regierungschefs haben klargemacht, dass beispielsweise das Freihandelsabkommen damit nicht verknüpft werden sollte. Datenschutz wird anderswo diskutiert. Aber wir werden wohl auf Regierungsebene das Vertrauen schneller zurückgewinnen als bei den Bürgern. Das braucht Zeit.

Auch die Kanzlerin ist empört. Können Sie garantieren, dass ihr Handy nicht aus Ihrer Botschaft abgehört wurde?

Ich werde nicht darüber reden, was die Dienste früher gemacht haben oder in Zukunft machen, aus welchem Gebäude oder Flugzeug sie arbeiten. Ich lerne ja gerade erst, was alles möglich ist. Aber: Die Kanzlerin wird nicht abgehört, das passiert nicht und wird nicht passieren. Wir sollten uns auf die Zukunft konzentrieren.

Wie wäre es mit einer Entschuldigung?

Entschuldigungen sind nur Worte. Der wirkliche Beweis sind Taten, das wird die Zusammenarbeit in den nächsten drei, sechs oder zwölf Monaten zeigen.

Werden Sie sich entschuldigen? Die Worte Ihrer Regierung legen nahe, dass Angela Merkels Handy abgehört wurde.

Das hat die Regierung nicht gesagt.

Also: Werden Sie sich entschuldigen?

Ich kann so etwas nicht sagen. Private Gespräche sind privat. Ich war beim Gespräch mit der Kanzlerin nicht dabei.

Wissen Sie alles, was in Ihrer Botschaft passiert?

Deutschlandweit arbeiten bei uns 1600 Menschen. Tatsache ist, dass wir nicht darüber reden, was die Dienste tun oder was nicht. Das wird auf Regierungsebene besprochen.

Haben Sie Zugang zu jedem Raum?

Ich bin gerade mal zweieinhalb Monate hier.

Sie entdecken Ihr Gebäude erst noch?

Das ist nichts, worüber wir reden sollten.

Alle Besucher müssen ihre Handys abgeben. Können Sie garantieren, dass kein Handy dort gehackt oder infiziert wird?

Ich habe gehört, dass es diese Vorwürfe gibt. Ich kann absolut versichern: In der Botschaft wird kein Handy manipuliert. Sie werden eingeschlossen und bleiben da, auch meins.

Erklären Sie uns, warum die USA wie Kinder, die bei einem Fehler erwischt werden, auf die Deutschen zeigen: Ihr macht doch das Gleiche.

Wir haben nur gesagt, dass wir Erkenntnisse sammeln wie alle anderen Länder. Wir zeigen nicht auf die Deutschen. Es ist sehr unproduktiv, solche Sachen öffentlich zu besprechen. Wichtig ist, dass unsere Geheimdienste weiter eng kooperieren. Das ist erfolgreich. Es geht darum, Cyberterrorismus gegen Regierungen und Unternehmen zu verhindern.

In Deutschland gibt es das Gefühl, Amerika und Amerikaner verhalten sich, als wären sie auserlesen. Nach dem Motto von „Animal Farm“, alle sind gleich, einige aber gleicher. Amerikaner eben.

Wir haben Nationalstolz wie alle anderen Staaten. Die USA bestehen aus Menschen der ganzen Welt: 65 Millionen haben deutsche Wurzeln, es gibt Griechen und Italiener, Lateinamerikaner. Alle feiern ihre Feste. Die Sicht auf Amerika als isolierter Monolith ist völlig falsch.

Heißt das, weil die Welt in Amerika ist, ist Amerika die Welt?

Nein. Das heißt, weil die Welt in unserem Land ist, sind wir mit der Welt verbunden. Vielleicht ist es mein Job, das deutlicher zu machen. Wissen Sie, wer der größte Autoexporteur der USA ist: BMW.

Das Gespräch führten Ingrid Müller und Michael Schmidt.

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