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Politik: Enttäuschung unter Freunden

Obamas Besuch in Polen weckt gemischte Gefühle

Warschau - US-Präsident Barack Obama hat am Freitagabend in der polnischen Hauptstadt Warschau den Opfern des Aufstandes im Warschauer Ghetto im Sommer 1943 sowie am Grab des Unbekannten Soldaten den Opfern des Zweiten Weltkrieges gedacht. An beiden Denkmälern beschränkte er sich nicht, wie vorgesehen, auf die geplante kurze Kranzniederlegung, sondern schüttelte Hände und suchte das Gespräch.

Auch andere spontane Programmänderungen verunsicherten die Gastgeber. So mussten die am Abend im polnischen Präsidentenpalast zu einem Arbeitsessen mit Obama versammelten Staatschefs aus 16 süd- und mittelosteuropäischen Staaten auf den Amerikaner warten, weil dieser zuerst in sein Hotel gefahren war. Obama und der polnische Gastgeber Bronsilaw Komoroski wollten mit ihnen bis kurz vor Mitternacht über die Nutzbarmachung der Transformationserfahrungen im ehemaligen Ostblock, den einstigen Sowjetrepubliken und Ex-Jugoslawien für Nordafrika und Nahost sprechen. „Ich möchte versichern, dass uns die Freundschaft mit Mitteleuropa wichtig ist“, begrüßte Obama die Staatschefs. „Vom Wirtschaftswachstum dieser Region lassen wir uns gerne inspirieren“, lobte der Präsident der hochverschuldeten USA.

Das Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats, Elisabeth Sherwood-Randall, hat derweil in Warschau angekündigt, die USA wollten in Polen eine Armeeeinheit mit Kampfflugzeugen und Transporthelikoptern stationieren. Der Beschluss soll am heutigen Samstag von Obama offiziell bekannt gegeben werden.

Seit Obamas Absage an das Raketenschirmprogramm seines Vorgängers George W. Bush vor zwei Jahren in Prag sind die Polen schlecht auf ihn zu sprechen. Dazu kommen eine Reihe diplomatischer Pannen seiner Administration beim Begräbnis des früheren Präsidenten Lech Kaczynski. Der Lackmustest für die polnischen Bürger ist die seit Mitte der Neunzigerjahre versprochene Aufhebung des Visumszwangs für die USA. Obama hatte Staatspräsident Bronislaw Komorowski im Dezember versprochen, das Problem bis zum Ende seiner Amtszeit 2013 zu lösen. Ein weiteres Gesprächsthema sollte der von Polen gewünschte Abbau von Schiefergasvorkommen mit amerikanischer Hilfe sein. Paul Flückiger

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