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Entwicklung: "Der Iran will keine stabile Regierung in Bagdad"

Militärexperte Frederick Kagan erwartet von Teheran nur Schlechtes. Im Blick auf die Entwicklung des Irak ist er aber optimistisch

Frederick Kagan stammt aus einer Familie politischer Beobachter: Zusammen mit dem Vater Donald Kagan, Professor in Yale, hat er ein Buch über die Notwendigkeit höherer Militärausgaben verfasst. Der ältere Bruder, Robert Kagan, war einer der Gründer des „Projekts für ein neues amerikanisches Jahrhundert“, das bei Präsident Bill Clinton für den Regimewechsel im Irak warb. Frederick Kagan wiederum befasst sich ebenfalls seit einiger Zeit mit dem Irak und soll starken Einfluss auf die Entscheidung von US-Präsident George W. Bush gehabt haben, als es um den Strategiewechsel im Irak ging; so gilt der Militärhistoriker Kagan als ein geistiger Vater der „Surge“. Seit einem Jahr verfolgen die Amerikaner dieses Sicherheitskonzept, das unter anderem eine Erhöhung der US-Truppen in Bagdad und starke Militärpräsenz in Wohnvierteln bedeutete.

Heute sieht Kagan, den die American Academy kürzlich nach Berlin eingeladen hatte, die Situation im Irak optimistisch. Die Sicherheitslage habe sich „extrem verbessert“, auch gegen die schiitische Milizen sei man jetzt erfolgreich. Kagan bezieht sich dabei besonders auf die vor einem Monat von irakischen und US-Truppen gestartete Offensive gegen die Miliz des Predigers Muktadar al Sadr im südlichen Basra. Zwar habe Premier Nuri al Maliki die ganze Operation inadäquat vorbereitet und zum Teil ganz neue Soldaten ohne Erfahrung in den Kampf geschickt. „Nur Maliki hat gedacht, dass seine Truppen für so eine Operation bereit wären“, sagt Kagan. Hohe Verluste und Deserteure seien deshalb zu erwarten gewesen. Wichtig sei aber: In der großen Mehrheit hätten die irakischen Truppen gekämpft und „die Operation nicht gestoppt“. Dennoch hält er es für völlig ausgeschlossen, dass Iraks Sicherheitskräfte ab diesem Juli für das ganze Land verantwortlich sein könnten, wovon zum Beispiel im Herbst US-Sonderinspektor Stuart Bowen noch ausgegangen war. „Das ist nicht sein Job, solche Aussagen zu machen“, so Kagan. Überhaupt sollte die US-Armee noch einige Jahre in hoher Präsenz im Irak bleiben.

Das größte Problem im Irak ist für Kagan aber dessen großer schiitischer Nachbar: „Der Iran will keine stabile Regierung in Bagdad“, sagt er. Teheran wolle ein instabiles Land, das es nach Belieben kontrollieren könne. Und er hält offenbar nicht so viel vom Ergebnis der Gespräche zwischen den Botschaftern Irans und der USA in Bagdad: „Selbst da“, so Kagan, würde die iranische Seite nicht offen sprechen. Seine Strategieempfehlung an die US-Regierung ist deshalb: Die Iraner würden ihren Nachbarn am Golf sagen, „die Amerikanern gehen irgendwann, wir aber bleiben für immer“. Dementsprechend müsse man Iraks Schiiten sagen: „Wir bleiben, solange ihr uns braucht.“ Ruth Ciesinger

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