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Bei dem Kongress "Women Deliver" werden mehr als 5.000 Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft erwartet.

© dpa

Entwicklungshilfe und Gesundheit: „Die Zeit wird knapp“

Die internationale Konferenz „Women Deliver“ befasst sich seit Dienstag mit der Gesundheit von Frauen in Entwicklungsländern. Das erklärte Ziel ist, die Müttersterblichkeit zu reduzieren. Das gelinge zwar, gehe aber nicht schnell genug, äußern sich Kritiker.

Weltweit sterben jährlich mehr als 287.000 Frauen infolge von Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Entbindung. 99 Prozent von ihnen leben in Entwicklungsländern. Hier sterben täglich etwa tausend schwangere Frauen, weil es für sie keine ausrechend gute medizinische Betreuung gibt. Mit dem Ziel diese Zahl zu verringern ist am Dienstag in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur die internationale Konferenz „Women Deliver“ eröffnet worden.

Die Müttersterblichkeitsrate sei nach wie vor „inakzeptabel hoch“, kritisiert Serra Sippel, Präsidentin des in Washington ansässigen „Zentrums für Gesundheit und Geschlechtergleichheit“. Zudem bleibe mehr als 200 Millionen Frauen vor allem in Entwicklungsländern der Zugang zu Empfängnisverhütung verwehrt.

Ähnlich kritisch äußerte sich Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung: „Wenn alle Frauen, die verhüten wollen, dies auch könnten, würden allein dadurch jedes Jahr 80.000 Frauen weniger sterben.“

Das von der Weltgemeinschaft vereinbarte Millenniumsziel, bis 2015 die Müttersterblichkeit um 75 Prozent gegenüber 1990 zu senken, sei immer noch nicht greifbar, hieß es in Kuala Lumpur. Frauen und Mädchen müssten überall Zugang zu Familienplanung erhalten. Dazu gehörten auch Aufklärung über HIV und die Behandlung der Immunschwächekrankheit Aids. „Es wurde zwar schon viel erreicht, doch die Zeit wird knapp, sagte Bähr. „Ohne zusätzliche Investitionen ist dieses Ziel nicht mehr erreichbar.“ Bislang konnte die Müttersterblichkeit um 47 Prozent reduziert werden.

Frauen aus aller Welt haben im Zuge der Konferenz auch ein Verbot der Verheiratung von minderjährigen Mädchen gefordert. Komplikationen infolge von Schwangerschaft und Geburt seien in Entwicklungsländern eine der Haupttodesursachen bei Mädchen zwischen 15 und 19, sagte Lakshmi Sundaram von der Organisation „Girls Not Brides“ am Dienstag zum Auftakt der Konferenz. „Es herrscht die Meinung vor, dass die Ehe Mädchen irgendwie schützt“ sagte Sundaram. „Aber es stimmt nicht: Die sexuellen, emotionalen und körperlichen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, werden einfach ignoriert.“ Nach UN-Schätzungen werden jeden Tag 39.000 Mädchen unter 18 Jahren verheiratet, vor allem in Afrika, in Bangladesch und Indien.

Neben den gesellschaftlichen Faktoren, die bei der Konferenz diskutiert werden, spiele der Zugang zur medizinischen Versorgung eine zentrale Rolle, erklärt Sebastian Dietrich, von Ärzte ohne Grenzen: „Schwangere Frauen müssen die Möglichkeit bekommen, medizinisch betreut zu werden und Vorsorgeuntersuchungen zu erhalten. Vor allem bei der Entbindung müssen alle medizinischen Mittel vorhanden sein.“ Bei Vorsorgeuntersuchungen werde auch über gesundheitliche Risiken während und nach einer Schwangerschaft sowie über Möglichkeiten der Familienplanung aufgeklärt, so Dietrich. „Wir arbeiten häufig in Konfliktgebieten und versuchen, die Frauen über die Möglichkeit von Verhütungsmitteln aufzuklären, damit sie, gerade in ihrer schwierigen Lebenssituation, selbst entscheiden können, wann sie wieder schwanger werden.“

Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) räumte ein, die internationale Gemeinschaft müsse mehr für die Gesundheit von Müttern und Kindern tun. Dieses Entwicklungsziel der Vereinten Nationen sei bislang sehr schlecht umgesetzt worden, sagte er in Brüssel. Nach den Millenniumszielen soll die Sterblichkeit kleiner Kinder um zwei Drittel gegenüber 1990 sinken. Deutschland hat laut Niebel im Rahmen einer Initiative führender Industrieländer 400 Millionen Euro für die Gesundheit von Müttern und Kindern zugesagt.

Nach 2007 und 2010 ist die dreitägige Zusammenkunft in Kuala Lumpur die dritte und größte ihrer Art. Erwartet werden mehr als 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus über 160 Ländern.

Die Konferenz in Kuala Lumpur will auch diskutieren, wie die Entwicklungsagenda nach 2015 aussehen könnte. Initiiert wurde das dritte „Women-Deliver“-Treffen unter anderen vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation und der Weltbank. (mit dpa/epd)

Manuela Tomic

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