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Flüchtlinge kommen in einem Schlauchboot aus der Türkei auf der griechischen Insel Lesbos in der Nähe der Hafenstadt Mitilini (Mytilini) an.

© dpa

Entwicklungsminister Gerd Müller: "Ohne Hilfen werden noch mehr Flüchtlinge zu uns kommen"

Erneut halten Staaten ihre Zusagen für internationale Hilfen für Flüchtlingslager rund um Syrien nicht ein. Entwicklungsminister Müller befürchtet, dass sich wieder mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen werden.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) warnt davor, dass fehlende internationale Hilfen für Flüchtlingslager rund um Syrien erneut zu einer Vergrößerung der Flüchtlingsströme führen könnten. "Wenn die Solidarität so klein ist, dass die Menschen vor Ort nicht überleben können, sind sie gezwungen, zu uns zu kommen", sagte Müller auf einer Veranstaltung des Tagesspiegels und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Bei der Internationalen Geberkonferenz in London im Februar 2016 hatten die Staaten zugesagt, insgesamt neun Milliarden Euro an internationale Hilfsorganisationen für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge zu spenden. Dieses Geld soll in Syrien, Nordirak, Libanon, Jordanien und der Türkei ankommen. "Es scheint sich erneut das Drama abzuzeichnen, dass die Staaten ihre Zusagen nur bedingt einhalten", sagte Müller.

"Es ist ein Skandal"

Laut Müller wurde der Zustrom syrischer Flüchtlinge im vergangenen Jahr auch dadurch ausgelöst, dass die Mitgliedsstaaten der UN weit weniger Geld als nötig zur Verfügung gestellt hatten, um die Menschen in den Flüchtlingslagern vor Ort zu versorgen. Deutschland hatte seine Zusagen für den UN-Hilfsplan für Syrien zwar übererfüllt und war zweitgrößter Geber hinter den USA. Doch andere, auch europäische Staaten, hatten sich nicht an ihre Zusagen gehalten. Millionen litten unter den um die Hälfte gekürzten Rationen oder erhielten gar keine Hilfe mehr. "Es ist ein Skandal, dass es nicht möglich war, die Babyflaschen im Camp mit Nahrung zu füllen", sagte Müller.

Viele würden lieber in der Region bleiben

Im Nordirak sei es kalt gewesen im vergangenen Winter und es gab kaum Kerosin um die Flüchtlingslager warm zu halten, berichtete auch Salah Ahmad, Psychotherapeut beim Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin und Vorsitzender der Jiyan Foundation, die Überlebende von Folter und Gewalt im Irak unterstützt. "Die Rationen wurden gekürzt, in den Zelten stand das Wasser zehn Zentimeter hoch. Die Menschen waren hoffnungslos." Viele hätten keine andere Möglichkeit gesehen, als sich über die Türkei auf den Weg nach Europa zu machen. Dabei würden viele lieber bleiben.

"Die Menschen wollen in ihrer Region bleiben, die ihre Sprache spricht und die ihrer Kultur entspricht", sagte auch Tanja Gönner, die Vorstandssprecherin der GIZ. Die Organisation will beispielsweise dafür sorgen, dass die Flüchtlinge Zugang zu Bildung bekommen. In der Türkei würden Schulen gebaut, in denen vormittags türkische und nachmittags syrische Kinder unterrichtet würden. Zudem gebe es etwa in jordanischen und libanesischen Flüchtlingslagern "Cash for work"-Programme, bei denen die Flüchtlinge an der Müllentsorgung oder dem Aufbau von Unterkünften beteiligt würden und mit dem Lohn ihre Familien versorgen könnten. Eine Ausbildung zum Handwerker helfe dabei, nach der Rückkehr ins Heimatland den Lebensunterhalt zu verdienen.

Deutschland sagte 2,3 Milliarden Euro zu

Auch Müller betonte, dass es wesentlich sinnvoller sei, die Menschen vor Ort zu versorgen. "Es kostet uns hier in Deutschland das 20- bis 50-fache, die Menschen unterzubringen und zu integrieren. Wenn wir nicht in der Region investieren wollen, müssen wir fühlen." Deutschland will seinen Beitrag zur Lösung der Situation in und um Syrien jedenfalls deutlich erhöhen. Kanzlerin Angela Merkel hatte bei der Geberkonferenz angekündigt, dass bis 2018 insgesamt 2,3 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

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