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Mohammed Mursi ist seit 2013 inhaftiert.

© Namir Galal/dpa

Update

Er soll Gefängnisausbruch geplant haben: Ägypten: Ex-Präsident Mohamed Mursi zum Tode verurteilt

Wegen Spionage ist Mohammed Mursi zum Tode verurteilt worden. Er soll zusammen mit der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah einen Gefängnisausbruch geplant haben.

Ägyptens erster demokratisch gewählter früherer Präsident Mohammed Mursi ist zum Tode verurteilt worden. In dem Prozess um Gefängnisausbrüche während der Revolte gegen Mursis Vorgänger Husni Mubarak im Jahr 2011 wurde am Samstag zudem gegen mehr als hundert weitere Angeklagte die Todesstrafe verhängt, viele wurden in Abwesenheit verurteilt. Auf dem Sinai wurden derweil drei Richter erschossen.

Der islamistische Ex-Staatschef hörte die Urteilsverkündung am Samstag in einem Käfig im Gerichtssaal in Kairo. Er war in blaue Gefängniskluft gekleidet und reckte zum Trotz die Fäuste in die Luft. Neben dem 2013 gestürzten Mursi standen 128 weitere Angeklagte vor Gericht, von denen mehr als hundert ebenfalls die Todesstrafe erhielten. Unter ihnen ist der Chef der islamistischen Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, der bereits in einem anderen Prozess zum Tode verurteilt worden war, sowie sein Stellvertreter Chairat al-Schater.

Viele der Angeklagten wurden in Abwesenheit verurteilt, darunter der bekannte islamische Geistliche Jussuf al-Karadawi. Mit dem Todesurteil wurden sie für die Gewalt während des Aufstands gegen Mubarak Anfang 2011 verurteilt, während Mubarak selbst wegen des Tods regierungskritischer Demonstranten bei der Revolte freigesprochen worden war. Mursi befand sich zu Beginn des Aufstands in Haft, kam aber im Zuge der Gefängnisausbrüche gemeinsam mit tausenden Häftlingen frei. Das Todesurteil soll nun vom Mufti, einem islamischen Rechtsgutachter und geistlichen Regierungsberater, geprüft werden.

Dem Mufti kommt in diesen Fällen eine beratende Rolle zu. Auch die Verurteilten können in Berufung gehen. Das Gericht will am 2. Juni seine endgültige Entscheidung bekanntgeben. Mursis Verteidiger Abdel Moneim Abdel Maksud sagte, es komme nun darauf an, ob der Ex-Präsident in Berufung gehen wolle. Sollte er das Gericht weiterhin nicht anerkennen, werde es auch keinen Berufungsantrag geben.

Erdogan: Rückkehr in das "antike Ägypten"

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International übte scharfe Kritik an dem Todesurteil, das den "kläglichen Zustand des Rechtssystems des Landes" widerspiegele. Die Todesstrafe sei zum "beliebtesten Instrument der ägyptischen Behörden gegen die politische Opposition" geworden, hieß es. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte das Urteil und sprach von einer Rückkehr in das "antike Ägypten". Dem Westen warf er vor, Mursis Sturz und die Todesstrafe zu ignorieren. Die islamisch-konservative Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Erdogan zählte zu den wichtigen Unterstützern Mursis.
In einem weiteren Prozess wegen Verschwörung und Spionage steht ein Urteil gegen Mursi und 18 Mitangeklagte noch aus. Während ihnen hierbei nicht mehr die Todesstrafe droht, wurden 16 andere Angeklagte am Samstag in diesem Fall bereits zum Tode verurteilt. Sie wurden der Verschwörung mit der radikalislamischen palästinensischen Hamas und dem Iran zur Destabilisierung Ägyptens für schuldig befunden. Gegen Mursi und die übrigen Angeklagten soll am 2. Juni das Urteil fallen.
Mursi war nach dem Sturz Mubaraks im Februar 2011 der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens, im Juli 2013 wurde er vom Militär entmachtet. Nach Mursis Absetzung kam der heutige Staatschef Abdel Fattah al-Sisi an die Macht, der beim Sturz Mursis Armeechef war. Er hatte angekündigt, die Muslimbruderschaft auslöschen zu wollen. Seither wurden mehr als 1400 Mursi-Anhänger getötet und mehr als 15.000 weitere inhaftiert. Frühere Massenprozesse, bei denen im Schnellverfahren hunderte Islamisten zum Tode verurteilt wurden, lösten internationale Proteste aus.

In der Unruheregion der Sinai-Halbinsel wurden am Samstag nach Polizeiangaben drei Richter erschossen, als sie im Auto von der Stadt Ismailija nach Al-Arisch zu einer Gerichtsanhörung unterwegs waren. Drei weitere Richter wurden verletzt. Zu Mursis Mitangeklagten zählten auch einige Islamisten vom Sinai, wo Aufständische regelmäßig Anschläge auf Polizei und Armee verüben. Richter wurden in der Region bislang noch nie attackiert. (AFP)

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