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Erbschaftsteuer-Reform: Offener Streit in der Union

Die angestrebte Reform der Erbschaftsteuer hat in der Unionsfraktion einen offenen Streit ausgelöst. Zahlreiche prominente CDU-Politiker lehnen die harte Position der CSU ab, die mehr Privilegien für große Erbschaften verlangt.

Verstimmung in der Union: Auch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel warnte am Dienstag in einer turbulenten Fraktionssitzung vor einem Scheitern der Erbschaftsteuer-Reform. Nach Angaben von Teilnehmern verwies sie darauf, dass mit der SPD bereits mehr Änderungen erreicht worden seien als erwartet.

Für die Positionen der CSU habe es von den Abgeordneten aber auch Beifall gegeben, hieß es. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag will "knallhart" bleiben. Der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer sagte, er sehe bisher wenig Möglichkeiten für eine Einigung - trotz der Kompromiss-Signale der SPD. Er forderte weiteres Entgegenkommen.

Merkel hält sich raus

Streitpunkt sind inzwischen vor allem Steuerfreibeträge beim Privatvermögen. Bei den ebenfalls strittigen Begünstigungen für Firmenerben sei man dagegen auf einem guten Weg, hieß es nach einer Sitzung des Fraktionsvorstandes von CDU/CSU. SPD und Union wollen an diesem Donnerstag einen neuen Anlauf für eine Einigung nehmen. Die Zeit drängt. Mitte Oktober soll der Bundestag die Reform der Erbschaftsteuer verabschieden, Anfang November der Bundesrat.

Merkel hielt sich nach Angaben von Teilnehmern zunächst aus dem Streit im Unionslager heraus. Sie habe Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sowie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer lediglich viel Glück in den Verhandlungen gewünscht. Ziel dürfe aber nicht sein, dass die Reform scheitere und die Erbschaftsteuer 2009 ganz wegfalle.

CSU will regionale Freibeträge

Dies hatten allerdings zuvor die finanz- und haushaltspolitischen Sprecher aller Unions-Landtagsfraktionen gefordert. Die Union muss laut Merkel im Wahlkampf deutlich machen, dass ihr nicht nur der Schutz des Eigentums wichtig sei, sondern auch der Gerechtigkeitsgedanke Platz habe.

Auf Kritik stößt unter anderem die Forderung der CSU, dass die Bundesländer regionale Freibeträge oder Steuersätze bei der Erbschaftsteuer selbst festlegen können. Bayern will so ein Bewertungsgefälle - etwa zwischen der Villa in München und dem Haus in Vorpommern - ausgleichen. Dies lehnt nicht nur die SPD ab. Auch von der Union geführte Länder sind gegen regionale Freibeträge. "Eine Regionalisierung geht nie durch. Das scheitert schon an den Ländern", sagte ein Mitglied der Fraktionsspitze der Union.

SPD-Experte: CSU verfolgt "Entlastungen für Millionäre"

Überlegt wird nun, wie die Forderungen der CSU über höhere Freibetragsregelungen berücksichtigt werden können. Nach Angaben aus der Koalition pocht die CSU auf deutlich höhere steuerfreie Vermögen für Kinder und Ehegatten. Der bisherige Gesetzentwurf sieht für jedes Kind je Elternteil einen Steuer-Freibetrag von 400.000 Euro alle zehn Jahre vor. Das ist fast doppelt so viel wie heute. Ein Kind würde demnach Vermögen von 800.000 Euro steuerfrei vererbt oder geschenkt bekommen. Erst dann langt der Fiskus zu. Für Ehegatten soll der Freibetrag von 307.000 auf 500.000 Euro angehoben werden.

Ziel ist, dass trotz der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Höherbewertung von Immobilien das normale Einfamilienhaus weiter steuerfrei vererbt oder verschenkt werden kann. Die CSU strebt laut SPD nunmehr an, den Kinderfreibetrag auf jeweils 600.000 Euro und den für Ehegatten auf eine Million Euro anzuheben. "Das hat mit dem Vermögen normaler Menschen nichts mehr zu tun", kritisierte ein SPD-Experte. "Es geht nur noch um Entlastungen für Millionäre." (goe/dpa)

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