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Erdbeben von Sichuan: China nennt erstmals Zahl getöteter Kinder

Knapp ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Sichuan hat China erstmals offizielle Zahlen zu den getöteten Kindern veröffentlicht. Der Veröffentlichung war eine monatelange Kampagne eines berühmten Künstlers vorausgegangen, der der Regierung Vertuschung vorwirft.

5335 Schüler sind bei dem Beben der Stärke 7,9 am 12. Mai 2008 getötet worden oder gelten als vermisst, heißt es nun von chinesischen Behörden. Insgesamt sind 68.712 Menschen gestorben, 17.921 werden noch vermisst. Für besonderen Ärger sorgte, dass viele Schulhäuser nachweislich schlecht gebaut waren und Kinder sowie Lehrer unter sich begruben. Die Behörden sagten, dass 3340 Schulen wieder aufgebaut werden müssen.

Bislang gab es keine offiziellen Angaben, wie viele Kinder und Schüler bei dem Beben umgekommen sind. Der Künstler Ai Weiwei, der das Pekinger Olympiastadion mitentworfen und 2007 an der Kunstaussstellung documenta in Kassel teilgenommen hatte, stellte mit Hilfe der Eltern und von zahlreichen Freiwilligen eine Namensliste der toten Kinder zusammen. 5200 Namen sind auf diese Weise bereits erfasst. Trotz Behinderung durch die lokalen Behörden. "Unsere Leute werden festgenommen, verhört und abtransportiert. Unsere Bilder und Informationen werden konfisziert oder gelöscht", sagte der 51 Jahre alte Künstler.

In seinem Blog zweifelte Ai Weiwei die Echtheit der nun veröffentlichten Todeszahl an. "Die Zahl basiert nicht auf einer echten Namensliste, sondern ist immer noch nur eine Ziffer", sagte er. "Ich denke, sie waren durch den Druck der Gesellschaft und der Medien gezwungen, diese Zahl zu veröffentlichen." Die wachsende Namensliste veröffentlicht Ai Weiwei ebenfalls in seinem Blog, der zu den populären Internetadressen in China gehört. Doch wird sie immer wieder gestrichen. Systematisch löscht die Zensur auch die kritischen Kommentare von Nutzern.

Langfristig hält Ai Weiwei einen Zusammenbruch des kommunistischen Systems in China für möglich. Weil das System "jederzeit kollabieren kann, müssen wir es zwingen, sich zu ändern", sagte Weiwei dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Die Regierung muss endlich anfangen, zu ihren Fehlern zu stehen und daraus zu lernen", forderte er. Die vor einem Jahr beim Erdbeben in Sichuan eingestürzten Schulen seien ein Paradebeispiel.

Dass Ai Weiwei weltberühmt und außerdem der Sohn des großen Dichters Ai Qing ist, hat ihn vielleicht bisher vor dem Druck von oben bewahrt. (sp/dpa)

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