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Zoe Stehle aus Überlingen posiert am 1. Juli 2016 in Überlingen (Baden-Württemberg) mit einem Fußball im heimischen Garten.

© dpa

Erfolg in der Schule: Computer? Geige! Fußball!

Medienkompetenz? Viel wichtiger für Schulerfolg sind Sekundärtugenden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber wollte einst jedem Schüler im Freistaat Zugang zu einem Computer garantieren. Dem ehemaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers dagegen war es wichtiger, dass jedes Kind ein Musikinstrument erlernen kann. Stoibers Vorhaben ist längst Realität. In nahezu jedem Haushalt Deutschlands gibt es Computer und Internet. Doch Rüttgers hatte recht.
Einen Computer zu haben und ihn sinnvoll zu nutzen, sind verschiedene Dinge. Im vergangenen Jahr hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa untersucht, wie Jugendliche mit dem Internet umgehen. Die Forscher haben herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen Computernutzung und schulischer Leistung gibt. Schlechte Schüler sind meist länger online als gute. Sie spielen eher, chatten mehr und schauen gerne Videos, während die guten Schüler das Internet vornehmlich als Quelle für Informationen nutzen.

Blockflöten, Fußbälle und Turnvereine werden gebraucht - nicht Computer

In kaum einem Land ist der Zusammenhang zwischen Schulerfolg und Herkunft so stark wie in Deutschland. Für den Umgang mit dem Internet heißt das: Schüler aus bildungsnahen Milieus lernen zu Hause oft, selbstbewusst mit den digitalen Medien umzugehen. Sie können ausschalten, sie können sich auf andere Inhalte konzentrieren, sind in der Lage, ein Thema tief zu ergründen. Kinder aus bildungsfernen Familien lernen das nicht so oft. Wie Jugendliche mit Computer und Internet umgehen, ist zu einem sozialen Unterscheidungsmerkmal geworden. Die Forscher meinen, dass es nicht nur um die vordergründige Medienkompetenz geht. Wichtiger noch scheinen Sekundärtugenden zu sein: Disziplin, Selbstbeherrschung, die Fähigkeit, sich Aufgaben und Herausforderungen mit einem klaren Plan zu nähern. Wer ein Musikinstrument erlernt, oder im Verein Sport treibt, Rettungsschwimmer wird oder Nachhilfestunden erteilt, ist am Ende vielleicht nicht nur ein ordentlicher Stürmer oder Blockflötist. Er hat auch gelernt, mit Niederlagen und Unzulänglichkeiten umzugehen, sich durchzubeißen und die eigenen Grenzen zu erfahren. All diese Fähigkeiten sind für das Leben in der digitalen Welt mindestens so wichtig, wie Kenntnisse von Google, Snapchat und der Programmiersprache C. Die gute Nachricht ist: Das kann man lernen. Die schlechte: Man lernt es nicht in der Schule. Wer den Zusammenhang zwischen Schulerfolg und Herkunft knacken will, braucht Blockflöten, Fußbälle und Turnvereine. Die Computer sind schon da.

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