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Politik: Erfolgreich – und doch gefährdet

Australiens Regierungschef Howard könnte die Parlamentswahl verlieren, obwohl die Wirtschaft brummt

John Howard versteht die Welt nicht mehr. Seit fast zwölf Jahren ist er souveräner Regierungschef Australiens, die Wirtschaft brummt – und am Samstag könnte er dennoch bei der Parlamentswahl abgewählt werden. Der Grund: Viele Australier können ihren Premier nach so langer Zeit einfach nicht mehr sehen. Gleichzeitig hat die Opposition einen Kandidaten aufgestellt, der ankommt: Kevin Rudd.

In Umfragen liegt Howards Partei seit Monaten deutlich zurück. So befürchtet das konservative Wirtschaftsmagazin „Economist“ das mögliche Ende „einer der erfolgreichsten konservativen Regierungen der jüngsten Zeit“ . Allerdings hat das Howard-Lager einen Hoffnungsschimmer, nämlich Australiens Wahlsystem. Danach ist es wichtiger, Wahlkreisen zu gewinnen als die landesweite Mehrheit. 2001 bekam Howards Partei nicht die meisten Stimmen, gewann aber die meisten Parlamentssitze – und regierte weiter.

Hoffnungsschimmer hin oder her – es sieht düster aus für John Howard. Dass er wackelt, liegt nicht an seiner Politik. Unter dem 68-Jährigen ist die Wirtschaft kräftig gewachsen. Fast allen Australiern geht es gut, nur 4,3 Prozent sind arbeitslos, das ist die niedrigste Quote seit 33 Jahren. So lange ist Howard schon Politiker. Während seines Wahlkampfs warf Howard seinem Gegner Rudd, der gerade mal elf Monate lang Oppositionsführer ist, Unerfahrenheit vor.

Aber es gibt dennoch Zweifel am „Garanten“ Howard. Erstens hatte er vor der letzten Wahl niedrige Zinsen versprochen, doch leider hob die Zentralbank den Leitzins seitdem aus Angst vor der Inflation sechs Mal an. Erschwerend für Howard kommt hinzu, dass die Wähler gar nicht wissen, wie lange der Regierungschef im Falle eines Wahlsieges im Amt bliebe. „Ich werde, weit in der Legislaturperiode, den Ruhestand in Erwägung ziehen, und Peter Costello wird mich ersetzen“, sagte Howard im September. Dieser Satz, fand Politbeobachter Malcolm Mackerras sofort, garantiere eine Wahlniederlage. Wenige wünschen sich einen Premier Costello. Er ist derzeit Finanzminister.

Themen und Positionen werden die Wahl wohl kaum entscheiden. Zwar gibt es beträchtliche außenpolitische Unterschiede. Rudd würde als Premier sofort das Kyoto-Protokoll unterzeichnen, das Howard ablehnt. Rudd schwebt ein Zeitplan für den Abzug der 500 australischen Soldaten aus dem Irak vor – Howard, Busenfreund von US-Präsident George W. Bush, will keinen Zeitplan.

Doch innenpolitisch liegen Regierungs- und Oppositionslager nur unwesentlich auseinander. Beide wollen angesichts der gesunden Haushaltslage umgerechnet rund 40 Milliarden Euro für Steuererleichterungen, Gesundheit, Bildung, Kinderbetreuung, Arbeitsmarktmaßnahmen und Eigenheimförderung ausgeben. Kevin Rudd, der von sich sagt, er sei „wirtschaftskonservativ“, hat sich in die politische Mitte breitgemacht. Und er verweist darauf, dass die Wirtschaft auch jahrelang wuchs, als seine Arbeiterpartei regierte – vor der Howard-Zeit. Im Übrigen, argumentierte Rudd, sei der jüngere Boom gar nicht Howard zu verdanken, sondern dem aufsteigenden China, das immer mehr australische Rohstoffe kauft – vor allem Kohle, Nickel und Kupfer.

Vorläufiger Höhepunkt des Wahlkampfs: Am Donnerstag verteilten Mitglieder von Howards Partei fingierte Flugblätter, auf denen eine erfundene Islamgruppe sich bei Rudds Arbeiterpartei bedankt – für „die Unterstützung dabei, unseren muslimischen Brüdern zu vergeben, die zu Unrecht für die Bali-Bomben zum Tod verurteilt wurden.“ Auf der Insel Bali im Nachbarland Indonesien waren bei Attentaten 202 Menschen gestorben, darunter 88 Australier. Rudd hat den Tätern nicht vergeben, er ist nur gegen die Todesstrafe. Howard will, dass die Bali-Terroristen sterben.

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