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Am Sonntag explodierten mehrere Bomben in Syriens Hauptstadt Damaskus. Das Foto stammt aus einem Video, dass am 22. auf Youtube hochgeladen wurde.

© AFP

Update

Erneut EU-Sanktionen verschärft: EU besorgt über möglichen Chemiewaffen-Einsatz in Syrien

Die EU verschärft die Sanktionen gegen die syrische Regierung, die Bundesregierung will die Zeit nach Assad vorbereiten. Der syrische Außenminister lehnt den Vorschlag der Arabischen Liga für einen Rückzug von Staatschef Baschar al-Assad im Gegenzug für freies Geleit ins Ausland ab.

Die Europäische Union hat mit Sorge auf Drohungen der Führung von Präsident Baschar al-Assad in Syrien reagiert, im Falle eines „ausländischen Angriffs“ auch Chemiewaffen einzusetzen. „Die EU ist ernsthaft besorgt über den möglichen Einsatz chemischer Waffen in Syrien“, erklärten die EU-Außenminister am Montag bei einem Treffen in Brüssel. Die Minister warnten vor einer weiteren Militarisierung des Konflikts und riefen „alle Staaten dazu auf, von Waffenlieferungen an das Land abzusehen“.

Die Führung in Damaskus hat damit gedroht, im Falle eines „ausländischen Angriffs“ auch Chemiewaffen einzusetzen. Es würden „niemals“ Chemiewaffen „gegen unsere eigenen Bürger“ eingesetzt werden, „nur im Fall einer ausländischen Aggression“, sagte der Sprecher des syrischen Außenministeriums, Dschihad Makdessi, am Montag in Damaskus. Zugleich lehnte er den Vorschlag der Arabischen Liga für einen Rückzug von Staatschef Baschar al-Assad im Gegenzug für freies Geleit ins Ausland ab.

"Die EU ruft das syrische Regime auf, unverzüglich das Töten von Zivilisten zu beenden, die syrische Armee aus belagerten Städten abzuziehen und des Landes willen einen friedlichen Übergang zuzulassen“, forderten die EU-Außenminister in ihrer Erklärung weiter. „Internationales humanitäres Recht muss von allen respektiert werden.“ Die anhaltende Gewalt auch in der Hauptstadt Damaskus zeige die Dringlichkeit eines politischen Reformprozesses, der die demokratischen Hoffnungen der Bevölkerung erfülle und wieder Stabilität nach Syrien bringe, warnten die Minister. „Die EU unterstreicht, dass jene, deren Präsenz einen solchen Übergang untergraben würden, davon ausgeschlossen werden sollen, und dass in dieser Hinsicht Präsident Assad keinen Platz in der Zukunft Syriens hat.“

Video: Gegenoffensive in Damaskus

Die EU-Außenminister äußerten sich zudem besorgt, dass die Krise in Syrien auf andere Länder überzugreifen drohe. „Die EU ist bereit, den Nachbarländern wie Libanon und Jordanien zusätzliche Unterstützung, inklusive finanzieller Hilfe anzubieten, um die wachsende Zahl der vor der Gewalt in Syrien fliehenden Syrer zu beherbergen.“ Auch die EU selbst wolle ihre humanitäre Unterstützung für die Syrer inklusive der Flüchtlinge innerhalb des Landes verstärken.

Die Europäische Union hat angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien ihre Sanktionen gegen das Land erneut verschärft. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag in Brüssel, 26 weitere Vertreter oder Unterstützer der Regierung in Damaskus sowie drei weitere Unternehmen oder Behörden auf die Sanktionsliste zu setzen, wie EU-Diplomaten mitteilten. Damit treten für sie Einreiseverbote und Vermögenssperren in Kraft. Durch Pflichtkontrollen für verdächtige Schiffe und Flüge soll das bereits beschlossene Waffenembargo besser durchgesetzt werden.

Es war bereits die 17. Verschärfung der Sanktionen, insgesamt sind nun 155 Personen und 52 Firmen oder Institutionen auf der Liste. EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton verteidigte die Maßnahmen gegen den Vorwurf der Nutzlosigkeit, da die Strafmaßnahmen Assad bislang nicht zum Einlenken bewegen konnten. „Die Sanktionen sollten nicht unterschätzt werden, auch wenn sie nur ein Teil sind.“

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP), sagte vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel: „Er (Assad) kann sicherlich noch mehr Menschen töten, er kann aber mit Sicherheit nicht mehr siegen.“ Nun gehe es darum, den Ring um ihn enger zu ziehen.

Zypern will 200 000 Flüchtlinge aufnehmen

Außenminister Guido Westerwelle sieht nun einen "Wendepunkt".
Außenminister Guido Westerwelle sieht nun einen "Wendepunkt".

© dpa

Die Entscheidungsschlachten in den syrischen Metropolen Damaskus und Aleppo treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Die EU-Innenminister wappneten sich am Montag auf Zypern für den Fall, dass die Flüchtlingswelle bis nach Europa schwappt. In der nordsyrischen Stadt Aleppo hissten die Aufständischen nach Augenzeugenberichten in etlichen Vierteln ihre Flaggen. In Damaskus eroberte das Militär zwei Viertel zurück.

Nach Angaben des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon sind seit Beginn der Aufstände vor 17 Monaten in Syrien 17 000 Menschen getötet worden.

Zypern hat nach eigenen Angaben bereits alles vorbereitet, rund 200 000 Europäer, Amerikaner und andere Drittstaatler aus den Bürgerkriegswirren in Sicherheit zu bringen. Sollte sich die Lage weiter verschärfen, müssten diese Menschen ihre Gastländer Syrien und Libanon wohl verlassen, sagte die Innenministerin Eleni Mavrou beim EU-Innenministertreffen in der Hauptstadt Nikosia. Auf Zypern könnten sie für mindestens 48 Stunden ein Dach über dem Kopf und Versorgung finden. Der kleine Inselstaat ist nur etwa 100 Kilometer von der syrischen Küste entfernt.

Fotostrecke: Tage der Entscheidung in Syrien

Zuvor hatte die Arabische Liga dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad „freies Geleit“ und einen „sicheren Hafen“ angeboten, wenn er sich von der Macht trenne. Das arabische Staatenbündnis forderte Al-Assad erneut zum raschen Rücktritt auf.

Aus der nordsyrischen Handelsmetropole Aleppo berichtete ein Augenzeuge dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira von „schlimmsten Kämpfen“. Die bewaffnete Opposition hatte am Sonntag den Sturm auf die zweitgrößte Stadt des Landes ausgerufen. Aleppo sei voller Flüchtlinge aus den Städten Homs und Hama, berichtete der Mann. Die Versorgungslage werde immer schwieriger, die Preise seien in den Himmel geschossen. Wie für alle Informationen gab es auch hierfür von unabhängiger Seite keine Bestätigung.

In Damaskus soll das Militär nach Angaben von Aktivisten mit massivem Einsatz von Soldaten und Panzern die Kontrolle über die beiden Viertel Al-Messe und Barse zurückerobert haben. Die Aufständischen hätten den „taktischen Rückzug“ angetreten, hieß es. Rund 30 Menschen sollen bei den Gefechten in den Morgenstunden getötet worden sein, unter ihnen auch Zivilisten.

Die Rebellen hatten vor gut einer Woche mit einer Offensive Assad erstmals in seiner Hauptstadt angegriffen. Am Wochenende gelang es ihnen, mehrere wichtige Grenzübergänge zur Türkei und zum Irak unter ihre Kontrolle zu bringen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt: „Wir sind an einem Wendepunkt“. Er bezog sich zum einen auf jüngste Erfolge der Opposition, zum anderen auf die Blockade im UN-Sicherheitsrat. Deswegen müssten andere Wege gefunden werden, die Gewalt einzudämmen, die humanitäre Hilfe zu intensivieren und Vorkehrungen für einen Wiederaufbau nach dem Ende des Assad-Regimes zu treffen, heißt es dazu in einem Papier des Auswärtigen Amtes.

Wie das geschehen soll, blieb am Montag zunächst unklar. „In einer Situation, wo Russland blockiert, müssen wir zum Beispiel im engeren Kontakt mit der syrischen Opposition klar zeigen, dass die EU handlungsfähig ist“, sagte Staatsminister Link in Brüssel. „Wir arbeiten daran, den Ring um Assad weiter zu schließen.“ (afp/dapd/dpa)

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