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Politik: Erneut weißrussischer Regimekritiker verschwunden

"In diesem Land sollte sich jeder fürchten". Mit diesen Worten hatte Viktor Hantschar im Mai dieses Jahres auf die Frage geantwortet, ob er nicht um sein Leben fürchte.

"In diesem Land sollte sich jeder fürchten". Mit diesen Worten hatte Viktor Hantschar im Mai dieses Jahres auf die Frage geantwortet, ob er nicht um sein Leben fürchte. Seit Donnerstag ist der führende weißrussische Oppositionelle, der zuletzt den Vorsitz des demokratisch gewählten, aber von Präsident Lukaschenko verbotenen Parlaments innehatte, spurlos verschwunden. Es handelt sich vermutlich um die dritte Entführung bekannter weißrussischer Regimekritiker innerhalb eines halben Jahres.

Hantschar hatte seine Verhaftung vorausgesehen. Nachdem der weißrussische Präsident Aleksander Lukaschenko am Donnerstag angekündigt hatte, im Lande "Ordnung" zu machen und die verbliebenen oppositionellen Zeitungen zu schließen, äußerte Hantschar die Vermutung, dass die Machthaber die für den gestrigen Sonntag angesetzte Sitzung des illegalen Parlaments nicht zulassen würden. "Ich spüre, dass meine Zeit gekommen ist. Ich werde entweder vor oder während der Sitzung verhaftet werden", sagte der 42-Jährige zu seiner Frau.

Hantschar, einst ein Mitstreiter Lukaschenkos, hatte sich diesem erstmals 1996 entgegengestellt, indem er als Vorsitzender der Zentralen Wahlkommission die Legalität des Verfassungsreferendums in Frage stellte, das dem Präsidenten die volle Macht übertrug. Als die weißrussische Opposition im Frühjahr dieses Jahres den Versuch unternahm, eigene Präsidentschaftswahlen durchzuführen, stand Hantschar erneut an der Spitze der Wahlkommission. Er wurde verhaftet.Der US-Botschafter in Minsk, Speckhard, hat beim weißrussischen Außenminister, Latypow, gegen das Verschwinden Hantschars protestiert.

Edith Heller

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