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Politik: Erste Hilfe im Babylon Europa

Wie der oberste Ombudsmann der Europäischen Union versucht, Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen

Berlin - Der Idealfall im europäischen Beschwerdewesen sieht so aus: Ein EU-Bürger wendet sich mit einer Frage an die EU-Kommission in Brüssel – und wartet auf eine Antwort. Wenn er des Wartens müde geworden ist, ruft er die Website des europäischen Bürgerbeauftragten auf, füllt dort ein Beschwerdeformular aus und schickt es ab. Binnen Tagen hat er dann die lang erwartete Antwort aus Brüssel. Zu verdanken hat er das dann Nikiforos Diamandouros, dem Griechen, der seit drei Jahren Europas Bürgerbeauftragter ist.

Bürger, die sich vergeblich um Informationen aus dem Brüsseler Apparat bemühen; Mitarbeiter in den EU-Institutionen, die sich ungerecht behandelt fühlen; Firmen, die noch eine Rechnung mit Brüssel offen haben: Wer immer glaubt, im EU-Betrieb schlecht wegzukommen, kann sich an Diamandouros wenden. Im Schnitt dauert es vier Monate, bevor den Beschwerdeführern vom Amt des Bürgerbeauftragten geholfen werden kann. Der Großteil von Diamandouros’ rund 60-köpfiger Mannschaft, die vor allem aus Juristen besteht, sitzt im Straßburger Salvador-de-Madariaga-Gebäude; der Bau stammt noch aus der Anfangszeit des Europaparlaments. Der Bürgerbeauftragte ist unabhängig vom Europa-Betrieb – von der Kommission, vom Ministerrat und vom Europaparlament, das ihn gewählt hat und dem er jährlich Bericht erstattet.

In den Zahlen der Jahresberichte findet sich dann alles wieder, was übers Jahr bei Diamandouros an Beschwerden eingeht. Gemessen an der Bevölkerung, war Malta im vergangenen Jahr unter den Beschwerdeführern am häufigsten vertreten, gefolgt von Zypern und Luxemburg. Aus Deutschland – das in Diamandouros’ Statistik erst an 21. Stelle auftaucht – kamen vergleichsweise wenig Beschwerden. Der Bürgerbeauftragte hat nichts dagegen, wenn sich das ändert. „Wir versuchen, die kleinen und mittleren Unternehmen über ihre Rechte aufzuklären“, sagt Sprecherin Gundi Gadesmann.

Schon seit Jahren kümmert sich der 63-jährige Politikwissenschaftler Diamandouros um die Bürgerrechte. Bevor er Europas oberster Ombudsmann wurde, gründete er in Griechenland in den neunziger Jahren das Amt eines nationalen Bürgerbeauftragten. Die Erfolgsstatistik, die er inzwischen auf EU-Ebene vorweisen kann, liest sich so: 3920 Beschwerden von EU-Bürgern, Unternehmen, Verbänden und Interessengruppen zählte sein Amt im vergangenen Jahr. Bei zwei Dritteln der Fälle, so steht es in der Statistik für 2005, war der Bürgerbeauftragte allerdings gar nicht zuständig. Dann verwies das Amt von Diamandouros die Beschwerdeführer an die richtige Adresse. In Deutschland ist das unter anderem der Petitionsausschuss des Bundestages.

Zur Angelegenheit für den Bürgerbeauftragten wurde hingegen die Beschwerde einer Portugiesin. Die Kommission hatte der Frau mitgeteilt, dass sie eine Stelle in einem Call-Center nicht antreten dürfe. Die EU-Behörde informierte die Frau allerdings zu spät; sie hatte die Arbeit als Telefonistin bereits aufgenommen. Nach der Vermittlung des Bürgerbeauftragten willigte die Kommission ein, der Frau 1000 Euro als Entschädigung zu zahlen.

Die Website des Bürgerbeauftragten: www.euro-ombudsman.eu.int

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