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Politik: Erste Hilfe

Charité-Arzt fährt zu Timoschenko in die Ukraine Merkel lässt Reise zu EM-Spielen weiter offen.

Berlin - Wenn an diesem Montag ein Neurologe der Berliner Charité in die Ukraine fliegt, ist dies eine für einen Mediziner ungewöhnliche Mission. Denn es geht keineswegs allein um die Behandlung einer Patientin mit einem mittlerweile chronisch gewordenen Bandscheibenvorfall. Im Fall der inhaftierten ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko sind Diagnose und Therapie längst zu einem Politikum geworden.

In einer deutsch-ukrainischen Erklärung waren die Modalitäten der Behandlung am vergangenen Freitag festgehalten worden: Am Dienstag soll Julia Timoschenko aus der Strafkolonie in Charkiw in das „Eisenbahnerkrankenhaus“ verlegt werden. Dem hatte sie nach einem Gespräch mit dem Charité-Chef Karl Max Einhäupl und einem weiteren Spezialisten der Berliner Klinik zugestimmt. In dem Krankenhaus soll „ein Arzt des Universitätsklinikums Charité mit Unterstützung ukrainischer Ärzte den Behandlungsprozess beginnen“, wie es in der Erklärung heißt. Dabei hatte Einhäupl vor zehn Tagen noch große Skepsis darüber geäußert, ob eine Behandlung vor Ort durch einen deutschen Arzt tatsächlich erfolgversprechend sein könnte. Er plädierte für eine Behandlung Timoschenkos in Berlin, wofür sich auch die Bundesregierung massiv eingesetzt hatte. Am Sonntag wollte der Charité-Chef sich allerdings dazu nicht äußern.

In der mühsam zwischen Deutschen und Ukrainern ausgehandelten Erklärung vom Freitag heißt es zu dem nun gefundenen Modell, es sei ein gemeinsamer Schritt, um „der Lösung des Problems näher zu kommen“. Dies deutet darauf hin, dass es durchaus weitere Gespräche geben könnte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält sich eine Entscheidung darüber weiter offen, ob sie während der Fußball-Europameisterschaft zu einem Spiel der deutschen Mannschaft in die Ukraine reisen wird. Gleichzeitig dementierte Regierungssprecher Steffen Seibert einen Bericht, wonach sich Merkel für einen gemeinsamen Boykott aller EU-Staats- und Regierungschefs einsetzt. Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier kritisierte die Bundesregierung, weil sie die Ukraine nicht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte dazu, medizinische Hilfe für Timoschenko sowie die Situation anderer erkrankter Gefangener hätten Priorität.

An diesem Montag kommt Jewgenija Timoschenko, die Tochter der Ex-Regierungchefin, nach Berlin. Sie trifft sich mit der Arbeitsgruppe Menschenrechte der Unionsfraktion im Bundestag, wie ein Fraktionssprecher bestätigte. cvs

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