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Politik: Erste Risse in Israels neuer Koalition

Ministerpräsident Olmert präsentiert 25 Minister – kann aber ein wichtiges Ressort nicht besetzen

Ministerpräsident Olmert präsentiert 25 Minister – kann aber ein wichtiges Ressort nicht besetzen

Israel hat eine neue Mitte-links-Regierung unter Ehud Olmert. Die Knesset sprach ihr am Donnerstagabend erwartungsgemäß das Vertrauen aus. Doch zeigen sich bereits erste Risse in der Koalition beziehungsweise in Olmerts Kadima-Partei: Zwei bei den Minister-Ernennungen übergangene Abgeordnete drohen mit einer ersten Rebellion.

Ehud Olmert präsentierte dem Parlament die größte israelische Regierung aller Zeiten: Obwohl sie 25 Minister umfasst, ist ausgerechnet eines der wichtigsten Ressorts noch nicht besetzt – Olmert muss deshalb das Wohlfahrtsministerium selbst leiten. Er hofft, in kürzester Zeit das Ressort an das ultrareligiöse Thora-Judentum abgeben zu können. Doch deren Spitzen erklärten noch am Mittwoch, dass die Koalitionsverhandlungen gescheitert seien. Außerdem strebt Olmert Verhandlungen mit der linken Meretz und, trotz Abbruchs vor einigen Tagen, auch mit der nationalistischen Einwandererpartei „Israel Beitenu“ an.

In seiner Regierungserklärung wandte sich Olmert direkt an Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und nicht an die von der radikalislamischen Hamas gestellte Regierung. Doch die Forderungen galten ihr: Sie habe auf Terror zu verzichten, diesen zu bekämpfen und ihren Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft nachzukommen. Falls sie dem nicht entspreche, werde Israel in Zusammenarbeit mit seinen Freunden die Grenzen ziehen und für eine jüdische Mehrheit im eigenen Staat sorgen.

Mit keinem Wort nahm Olmert den von Abbas mehrfach geäußerten Wunsch nach direkten Gesprächen zwischen ihnen auf. Vielmehr beschränkte er sich darauf, eine „von einer Terrororganisation geleitete Palästinenserregierung“ als Verhandlungspartner auszuschließen.

Auffallend war, dass Olmert seinen so genannten Zusammenzug-Plan nicht wörtlich erwähnte, der Rückzüge aus dem Westjordanland und die Räumung isolierter Siedlungen oder deren Überführung in Siedlungsblocks vorsieht. Olmert sprach stattdessen von „anderen Wegen“, um die Grenze zu ziehen und eine jüdische Mehrheit sicherzustellen. Allerdings machte er klar, dass die isolierten Siedlungen verschwinden müssen. Die dadurch erzwungene „Bevölkerungsvermischung“ gefährde Israels Existenz als jüdischer Staat: „Die Teilung des Landes ist der Rettungsring des Zionismus.“

Laut politischen Quellen in Jerusalem, von der angesehenen Zeitung „Haaretz“ zitiert, will Olmert, mit der Umsetzung seines Zusammenzug-Plans in zwei Jahren beginnen. Bis dahin wolle Olmert „seine Anstrengungen auf die Zusammenstellung der politischen Unterstützung und des internationalen Einverständnisses konzentrieren“. Auch dieser Zeitplan und diese Formulierungen deuten darauf hin, dass Olmert seinen Plan als einseitig begreift, also ohne ausgehandeltes Abkommen mit den Palästinensern.

Wenn Olmert sich in nächster Zukunft trotzdem mit Abbas treffen sollte, dann wird er diesem seine ultimativen Forderungen insbesondere nach einem Ende des Terrors vorlegen. Olmert glaubt wohl selbst nicht, dass es zu erfolgversprechenden Verhandlungen kommen wird. Aber er muss zumindest seine Verhandlungsbereitschaft dokumentieren: einerseits um den wichtigsten Koalitionspartner, die Arbeitspartei, ruhig zu stellen, welche auf ausgehandelte Abkommen mit den Palästinensern drängt, andererseits damit das von den USA angeführte Nahostquartett Israels Willen zu Verhandlungen anerkennt und für deren Scheitern allein die Palästinenser, die Hamas-Regierung, verantwortlich macht. Olmert hat diesbezüglich bereits Vorarbeit geleistet: Die USA sind von ihrer Ablehnung weiterer einseitiger Schritte abgerückt. Nach Aussagen von Außenministerin Condoleezza Rice sind sie unter Umständen bereit, die Grenzen anzuerkennen, die Olmert in den kommenden vier Jahren ziehen will.

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