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Erster Weltkrieg

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Erster Weltkrieg: "Sie waren keine Feiglinge"

Frankreichs Präsident rehabilitiert die im Ersten Weltkrieg wegen Ungehorsams exekutierten Soldaten.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat die im Ersten Weltkrieg wegen Gehorsamsverweigerung zum Tode verurteilten und exekutierten französischen Soldaten rehabilitiert. "Im Namen unserer Nation will ich sagen, dass viele der damals Hingerichteten sich nicht entehrt hatten", erklärte Sarkozy bei einer Gedenkfeier zum 90. Jahrestag des Waffenstillstands von 1918 nahe der ostfranzösischen Stadt Verdun. "Sie waren keine Feiglinge", fuhr er fort, "sie hatten einfach die äußerste Grenze ihrer Kräfte erreicht."

Der konservative Präsident belebte damit eine Debatte neu, die der frühere sozialistische Premierminister Lionel Jospin bereits vor zehn Jahren angestoßen hatte. Bei einer Erinnerungsfeier an die Kämpfe an dem in Nordfrankreich gelegenen Chemin des Dames, in deren Verlauf es zu Meutereien gekommen war, hatte Jospin gefordert, die damals "exemplarisch hingerichteten" Soldaten "wieder in die nationale Erinnerung aufzunehmen". Sie seien Opfer einer Disziplin geworden, deren Strenge ihresgleichen nur in der Härte der Kämpfe gehabt habe. Die Forderung des sozialistischen Regierungschefs war damals von Staatspräsident Jacques Chirac als "inopportun" zurückgewiesen worden. Und der Chef der seinerzeitigen Oppositionspartei und heutige Präsident Sarkozy hatte Jospin ein "Augenzwinkern mit den Pazifisten" vorgeworfen.

Insgesamt waren im Ersten Weltkrieg 2400 Todesurteile wegen Desertion, Meuterei oder Ungehorsams gegen französische Soldaten verhängt worden. Davon wurden 675 vollstreckt. "Dieser totale Krieg", sagt Sarkozy jetzt, "schloss jede Milde und jede Schwäche aus". Von den Soldaten sei zu viel verlangt, manchmal seien sie aufgrund von Fehlern von Vorgesetzten in Massaker geschickt worden. Als Opfer eines Schicksals, das so viele Menschen verschlang, seien sie auf eine solche Prüfung nicht vorbereitet gewesen, erklärte Sarkozy.

Es war die erste Gedenkfeier ohne Veteranen

Ob es jetzt zu einer generellen Rehabilitierung durch ein vom Parlament zu beschließendes Gesetz kommt, ist offen. Der Staatssekretär für ehemalige Kriegsteilnehmer, Jean-Marie Bockel, hatte Rehabilitierungen von Fall zu Fall angeregt, was jedoch als zu umständlich verworfen wurde.

Vor der Rede am Beinhaus von Douaumont, dem Memorial für die 130.000 Toten der Schlacht von Verdun im Jahr 1916, hatten Sarkozy und der britische Thronfolger Prinz Charles, der Großherzog von Luxemburg und die Generalgouverneurin von Australien feierlich der Gefallenen gedacht. An der Zeremonie nahmen als Ehrengäste auch der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering, der Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, sowie als Vertreter von Bundeskanzlerin Angela Merkel der Präsident des Bundesrats, der saarländische Ministerpräsident Peter Müller, teil.

Es war die erste Gedenkfeier zum Ende des Ersten Weltkriegs, an der kein Veteran der damaligen Kämpfe mehr teilnahm. Sarkozy hatte sie von Paris nach Verdun verlegen lassen. An Stelle der Zeremonie am Arc de Triomphe mit Kranzniederlegung am Grabmal des unbekannten Soldaten, gabe es morgens nur ein kurzes Gedenken am Denkmal des Kriegspremiers Georges Clemenceau an den Champs Elysees. Mit der Feier am zum Nationalmythos gewordenen Ort der Schlacht von 1916 wollte Sarkozy, wie es hieß, mehr die Opfer als den Sieg des Großen Krieges hervorheben. Mit der Einladung an die EU-Repräsentanten sowie den Bundesratspräsidenten unterstrich er zudem die Bedeutung der Aussöhnung in Europa. Im Anschluss an die Feier begab sich Sarkozy zu einer Kranzniederlegung auf dem deutschen Soldatenfriedhof Ville-devant-Chaumont bei Verdun.

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