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Politik: Erstmals Verbotszonen im Internet

Stoppschilder sollen Zugang zu Kinderpornografie sperren / Netzcommunity sieht Tor zur Zensur geöffnet

Berlin - In Deutschland dürfen erstmals Internet-Seiten gezielt gesperrt werden. Zur Bekämpfung von Kinderpornografie werden die deutschen Netzanbieter verpflichtet, den Zugang zu solchen Seiten zu erschweren. Ein entsprechendes Gesetz beschloss der Bundestag am Donnerstagabend mit den Stimmen der großen Koalition. In namentlicher Abstimmung votierten 389 Abgeordnete für das bis zuletzt umstrittene Gesetz. 128 Parlamentarier stimmten dagegen, 18 enthielten sich.

Als „wichtiges gesellschaftliches Signal“ begrüßte Familienministerin Ursula von der Leyen die Entscheidung. „Wir wollen in Deutschland nicht länger dulden, dass die Vergewaltigung von Kindern über das World Wide Web abrufbar ist“, erklärte die CDU- Politikerin. Auch die Deutsche Kinderhilfe sprach von einem „wichtigen Schritt im Kampf gegen pädokriminelle Aktivitäten“.

Im Internet sollen künftig Stoppschilder erscheinen, wenn Seiten mit kinderpornografischem Inhalt aufgerufen werden. Mit diesem Warnhinweis soll Benutzern unmissverständlich klar gemacht werden, dass ein Umgehen dieser Sperre für sie strafbar ist. Verbände von Internet-Unternehmen und Netzaktivisten befürchten, dass damit die Tür geöffnet ist, um überhaupt Sperren im Internet einzurichten. Datenschützer meldeten ebenfalls Bedenken an, und auch bei der Opposition stieß die Neuregelung geschlossen auf Ablehnung. Der unter Kinderporno-Verdacht stehende SPD-Abgeordnete Jörg Tauss stimmte ebenfalls gegen das Gesetz. Er bemängelte, dass Kinderpornografie dadurch nicht verhindert werde und gleichzeitig ein Missbrauch der Sperr-Technik drohe.

Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland kritisierte, dass die Sperrung nicht von Richtern genehmigt werden müsse. Das Internet dürfe „nicht zum bürgerrechtsfreien Raum verkommen“. Der familienpolitische Sprecher der Linken Jörn Wunderlich sagte, das Gesetz werde „das Tor zur Internet-Zensur öffnen“, den eigentlichen Zweck jedoch verfehlen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unions-Fraktion, Martina Krogmann (CDU), bezeichnete es hingegen als „unerträglich“, bei der Sperrung von Kinderpornos von Zensur zu sprechen.

Union und SPD hatten sich in dieser Woche auf letzte Änderungen verständigt, um den Kritikern entgegenzukommen. So wurde das Gesetz auf drei Jahre befristet. Anders als zunächst geplant, dürfen jetzt die Daten von Nutzern, die zufällig auf einer Stoppseite landen, nicht zur Strafverfolgung gespeichert werden. dpa

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