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Erweiterter Rettungsschirm: Europa bangt vor Entscheidung der Slowakei

Am Dienstag stimmt das Parlament in der Slowakei über den erweiterten Rettungsschirm EFSF ab. Bis zur letzten Minute dürfte unklar bleiben, ob Regierungschefin Radicova ihre eigene Koalition hinter sich versammeln kann.

Das Treffen in der Höhle des Löwen war wohl die letzte Chance für die slowakische Regierungschefin Iveta Radicova: Ausgerechnet in der Parteizentrale ihres neoliberalen Koalitionspartners SaS („Freiheit und Solidarität“) traf sie sich am Montag mit den Spitzenvertretern der Regierungsparteien, um doch noch eine Lösung für den Euro-Rettungsschirm zu finden. Am frühen Abend trennten sich die Koalitionäre jedoch ohne Ergebnis. Die Abgeordneten der SaS verweigern als einzige innerhalb der Viererkoalition ihre Zustimmung. Vor der Abstimmung im Parlament am heutigen Dienstag soll es zwar eine weitere Spitzenrunde geben, doch mit einer Einigung rechnet niemand mehr. Damit könnte die SaS nicht nur die Regierung zu Fall bringen, sondern auch den gesamten europäischen Rettungsschirm ESFS.

Vor allem auf Richard Sulik hatte der Druck zuletzt gewaltig zugenommen. Der SaS-Parteichef ist zugleich Parlamentspräsident in Bratislava; er ist zum Sprachrohr der Rettungsschirm-Gegner aus ganz Europa geworden. Beinahe täglich bekam er hochrangigen Besuch aus dem Ausland – von denen, die ihn zum Durchhalten bewegen und von denen, die ihn doch noch auf den europäischen Kurs einschwören wollen. Selbst der deutsche Bundespräsident Christian Wulff traf sich mit Sulik, um ihn für den Rettungsschirm zu gewinnen. „Wir versuchen, bis zum letzten Moment zu verhandeln und eine Lösung zu suchen“, sagt Richard Sulik, „aber wenn der Wille fehlt, eine Lösung zu finden, die unsere Steuerzahler nicht massiv schädigen wird, werden wir dagegen stimmen.“

Heute wird das Parlament in Bratislava abstimmen, und es dürfte bis zur letzten Minute unklar bleiben, ob Regierungschefin Radicova ihre eigene Koalition hinter sich versammeln kann. Mit einem Nein könnten die fünf Millionen Slowaken die gesamte Euro-Zone blockieren, weil die Entscheidung auf europäischer Ebene einstimmig fallen muss. „Wenn wir wollen, dass uns jemand aus den anderen 16 Ländern der Euro-Zone künftig noch die Hand reicht, können wir uns nicht auf diese Art benehmen“, appellierte Radicova an die Parlamentarier. Josef Makuch, Gouverneur der slowakischen Nationalbank, mahnte: „Wir sind eine offene Wirtschaft, 80 Prozent unserer Güter exportieren wir in die Euro-Zone.“ Es gebe deshalb keine ernsthafte Alternative zum Euro.

Die slowakische Öffentlichkeit allerdings ist gespalten: Viele betonen die europäische Solidarität und unterstützen den Rettungsschirm. Andere argumentieren wie Richard Sulik vor allem mit der Verantwortung für den eigenen Staatshaushalt: Die Slowakei hat vor ihrem Beitritt zur Euro-Zone schmerzhafte Wirtschafts- und Sozialreformen durchgesetzt und ist heute eines der europäischen Länder mit der niedrigsten Schuldenlast. Für eine Griechenland-Hilfe müssten die Slowaken ihrerseits Kredit aufnehmen – das sei unverantwortlich, wettert Sulik. Hinzu kommt, dass die Slowakei eines der ärmsten Länder in der Euro-Zone ist; Durchschnittslohn und Rentenniveau sind drei- bis viermal niedriger als in Griechenland.

Unter den slowakischen Parlamentsparteien steht die SaS mit ihrer ablehnenden Haltung alleine da. Sowohl die drei anderen Regierungsparteien als auch die oppositionellen Sozialdemokraten befürworten den Rettungsschirm. Die Opposition allerdings hat angekündigt, der Regierung nicht zu einer Mehrheit verhelfen zu wollen – in dem Falle müsse es anschließend zu Neuwahlen kommen, forderte der sozialdemokratische Parteichef Robert Fico. Premierministerin Radicova ist also auf die Zustimmung ihres abtrünnigen Koalitionspartners angewiesen.

Die Kompromissvorschläge, die zuletzt zur Debatte standen, sehen eine zweigeteilte Lösung vor: Die Slowaken würden für den Rettungsschirm stimmen, um die Eurozone nicht im Alleingang zu blockieren – und sich gleichzeitig ein Hintertürchen offenhalten, um im Ernstfall keine Kosten tragen zu müssen. Denn der geringe Anteil der Slowaken könnte notfalls auch von den anderen Euro-Staaten aufgebracht werden.

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