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Politik: Es gab doch Morddrohung gegen Botschaftsmitarbeiterin

Dokumente belegen: Aussagen Kölner Justizvertreter vor dem Berliner Visa-Untersuchungsausschuss sind zum Teil unrichtig

Von Hans Monath

Berlin - Die schweren Vorwürfe der Kölner Justiz gegen das Auswärtige Amt in der Visa-Affäre sind in einem wichtigen Punkt offenbar unrichtig und nicht von Tatsachen gedeckt. Entgegen der Darstellung eines Oberstaatsanwalts und zweier Richter aus dem Kölner Schleuserprozess ist die Leiterin der Visastelle an der deutschen Botschaft in Kiew im Jahr 2002 tatsächlich bedroht worden. Das belegen Schreiben des Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes an der Botschaft, die dem Tagesspiegel vorliegen.

Das Auswärtige Amt hatte den Wunsch des Kölner Gerichts nach einer Aussage der Visastellen-Leiterin Klara H. mit Hinweis auf die Morddrohung und die eigene Fürsorgepflicht zunächst abgewehrt. Das Gericht ging aber davon aus, dass es keine Morddrohung gab und das Auswärtige Amt deshalb eine Täuschung versucht habe. Von diesem Eindruck hatten Oberstaatsanwalt Egbert Bülles sowie die Richter Ulrich Höppner und Wolfgang Schmitz-Justen am Donnerstag vor dem Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages berichtet. Hintergrund des Vorwurfs war ein Telefonat, das einer der Richter mit der VisastellenLeiterin geführt hatte. Darin soll diese erklärt haben, sie wisse nichts von einer Drohung.

Wie aus Fax-Meldungen des BKA-Verbindungsbeamten an die BKA-Zentrale in Wiesbaden vom 12. und 15. Juli 2002 hervorgeht, meldete sich am 12. Juli ein männlicher Anrufer über den Privatanschluss der Diplomatin in Kiew und drohte, sie werde „verunglücken“. Den Anruf nahm ein Angehöriger der Visastellen-Leiterin entgegen. Der Verbindungsbeamte informierte neben dem Auswärtigen Amt und dem BKA auch den ukrainischen Geheimdienst SBU. Laut den Unterlagen veranlasste der ukrainische Geheimdienst Objektschutz für die Wohnung der deutschen Beamtin, die Ende des Monats das Land verließ, um eine neue Aufgabe in Südamerika zu übernehmen. Auch ein ursprünglich geplanter Abschiedsempfang der Diplomatin in einem Restaurant wurde dem BKA-Beamten zufolge wegen der „damit verbundenen erhöhten Exponierung“ der Bedrohten abgesagt.

Die Union wirft der Bundesregierung vor, der Hinweis auf die Bedrohung sei Teil einer Täuschungsstrategie des Auswärtigen Amtes gegenüber den Ermittlungen der Justiz in dem Kölner Schleuserverfahren.Wie es zu den Widersprüchen in der Darstellung über die Morddrohung kam, kann möglicherweise die Vernehmung der Diplomatin klären, die für eine der nächsten Ausschusssitzungen geladen ist.

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