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Politik: Es wird einsam um George W. Bush

Vertraute treten zurück, der Justizminister trifft auf Widerstand und das Außenministerium rebelliert

Die letzten anderthalb Jahre eines US- Präsidenten sind berüchtigt als „Lame Duck“-Periode. George W. Bush spürt jetzt, was für eine „lahme Ente“ er bereits ist. Karen Hughes, Vizeaußenministerin mit der Aufgabe, die Beziehungen zur islamischen Welt zu verbessern, reicht ihren Rücktritt ein. Michael Mukasey, sein Kandidat für das Justizministerium, trifft auf unerwarteten Widerstand im Senat, der seine Ernennung bestätigen muss. Und das Außenministerium erlebt eine Revolte gegen die Zwangsversetzung von Diplomaten nach Bagdad.

Es überrascht, dass eine so enge Vertraute wie Karen Hughes Bush jetzt verlässt. Im Sommer hatte das Weiße Haus alle führenden Mitarbeiter vor die Wahl gestellt, entweder rasch auszuscheiden oder bis zum Ende der Amtszeit im Januar 2009 zu bleiben. Es sei sonst schwierig, Ersatzpersonal zu finden. Karl Rove, Bushs engster Berater, ging daraufhin.

Hughes nennt familiäre Gründe für ihren Rücktritt zum Jahresende. Ihr Mann, ihr Sohn, ihre Tochter und Enkel leben in Texas. Das Pendeln sei zu einer zu großen Belastung geworden. Sie hat ein ähnlich persönliches und einflussreiches Verhältnis zu Bush wie Rove. Seit den 90er Jahren hatte sie für ihn gearbeitet, als er Gouverneur von Texas war. Sie ging mit ihm nach Washington, wo sie Direktorin für Kommunikation im Weißen Haus wurde. 2002 schied sie bereits einmal aus, damals nannte sie „das Heimweh meiner Familie nach Texas“ als Grund. 2005 wurde sie Vizeaußenministerin mit der Zuständigkeit für Public Diplomacy: die Öffentlichkeitsarbeit jenseits der traditionellen Diplomatie. US-Medien bilanzieren, sie sei gescheitert beim Ziel, das Ansehen Amerikas in muslimischen Ländern zu verbessern. Ein Drittel habe dort noch ein positives Bild der USA, Tendenz fallend. Andererseits habe sie die Methoden der Public Diplomacy modernisiert und eine großzügige Erhöhung der Mittel erreicht. Sie lud junge Muslime aus aller Welt zur Fußball-WM in Deutschland ein und gründete Amerikahäuser in islamischen Ländern; das werde sich erst mit der Zeit auszahlen.

Michael Mukasey, Bushs designierter Justizminister, galt eigentlich als Kandidat des Entgegenkommens an die Demokraten. Der 66-Jährige soll Alberto Gonzales ersetzen, der über die offenbar parteipolitisch motivierte Entlassung von Staatsanwälten und mutmaßliche Falschaussagen im Kongress gestürzt war. Mehrere Demokraten im Senat hatten zu Beginn der Anhörungen Zustimmung signalisiert. Die steht nun aber in Frage, nachdem der Ex-Bundesrichter für die Region New York sich geweigert hatte, Waterboarding als rechtswidrige Folter zu bezeichnen. Diese Methode des simulierten Ertrinkens hatte die CIA beim Verhör von mindestens drei Topterroristen von Al Qaida eingesetzt. Mukaseys Problem ist: Wenn er Waterboarding bei der Anhörung als verfassungswidrig bezeichnet, wie die Demokraten wünschen, müsste er wohl nachträglich Verfahren gegen die CIA-Verantwortlichen einleiten. Andererseits hatte der US-Kongress 2006 im neuen Gesetz über Verhörmethoden nur der US-Armee das Waterboarding untersagt, nicht aber der CIA. Auch viele Demokraten hatten dafür gestimmt.

Bei einer Personalversammlung im Außenministerium gab es am Mittwoch erbitterte Kritik an Zwangsversetzungen in den Irak, „in ein Kriegsgebiet, ohne ausreichende Ausbildung“, wie eine aus Bagdad zurückgekehrte Diplomatin formulierte. Bagdad ist mit 5500 Mitarbeitern die größte Botschaft der US-Geschichte. Zwangsversetzungen hatte es zuletzt vor über 30 Jahren während des Vietnamkriegs gegeben. Auch da wird Bush bereits von seinem eigenen Erbe eingeholt.

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