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Politik: Es wird kühl in Kiel

Die große Koalition liegt im Dauerstreit

In Kiel erschwert zur Hälfte der Legislaturperiode ständiger Streit in der großen Koalition das Regieren. Aktuell können sich SPD und CDU nicht bei der Frage der Elternbeteiligung an Schülerbeförderungskosten einigen.

Wozu gibt es Koalitionsverträge und Koalitionsausschüsse, wenn sich einer der beiden Regierungspartner dann nicht an die Beschlüsse halten will? Die Frage stellt sich in Mecklenburg-Vorpommern nicht das erste Mal. Als SPD-Chef Ralf Stegner zuletzt vereinbarte Gehaltskürzungen bei Beamten rückgängig machen wollte und gegen den Koalitionspartner polemisierte, setzte die CDU ihm im September ein Ultimatum: Der SPD-Innenminister sollte gehen oder CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen würde die Koalition platzen lassen. Stegner gab klein bei und kündigte seinen Rücktritt für das kommende Frühjahr an.

Die gegenseitigen Koalitionsschwüre, die beide Großparteien anschließend leisteten, hielten aber nur kurz. Diesmal scherte die CDU aus. Eigentlich hatte die Koalition im Zuge der Haushaltskonsolidierung eine Verwaltungsstrukturreform sowie eine Kreisgebietsreform bis zum Ende der Regierungsperiode verabredet. Nach dem das ausgelobte Freiwilligkeitsprinzip von Zusammenschlüssen kaum Schwung in die Angelegenheit brachte, sollten Fusionsfristen nachhelfen. Federführend verantwortlich dafür ist das SPD-geführte Innenministerium. Doch der CDU, die in den meisten Kommunen die Mehrheit hat, missfallen die Fusionsfristen. Sie fürchtet, mit dem Thema vor den Kommunalwahlen im Mai 2008 viele Wähler zu verprellen. Den 350 Delegierten eines CDU-Landesparteitages am Samstag in Kiel wurde eine neue Zielvorgabe präsentiert. Der Vollzug der Kreisreformen soll nun nicht vor 2012 erfolgen.

Auch gegen die im Schulgesetz beschlossene 30-prozentige Elternbeteiligung an den Schülertransportkosten rebellierte in zwei Kreisen die CDU-Basis, nachdem die SPD bereits verkündete, sowieso gegen diese „geschluckte Kröte“ zu sein. In Dithmarschen und Nordfriesland, dem Carstensen-Wahlkreis, wollte man diese unpopuläre Übereinkunft im Flächenland Schleswig- Holstein mit zum Teil weiten Schulwegen einfach nicht mittragen. Diese parteiinterne Entwicklung erwischte Parteichef Carstensen bei einer Reise in Indien. Von dort kündigte er ein Zurückrudern in der Schülerbeförderungsdebatte an, ohne sich vorher mit der SPD und der eigenen Partei abgestimmt zu haben. Dies mündete in einem neuen Leitantrag auf dem CDU- Parteitag am Samstag in Kiel. Die Union will nun wieder ein kostenfreies Schulbusticket, fordert aber Kompensationen für wegfallende Einnahmen der Kommunen und von der SPD hierzu Vorschläge. Die Sozialdemokraten schweigen bisher. Grüne, FDP und Südschleswigscher Wählerverband protestierten aber schon, als CDU-Stimmen laut wurden, alternativ im Kindertagesstättenbereich zu sparen.

Dieter Hanisch[Kiel]

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