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Politik: Ethikrat: Ohne Scheuklappen, aber nicht ohne Grundsätze

"Das brisanteste Thema, das aus meiner Sicht jetzt auf den Ethikrat zukommt, betrifft die embryonalen Stammzellen." Das sagte Eve-Marie Engels am Tag nach der Berufung des Nationalen Ethikrates dem Tagesspiegel.

"Das brisanteste Thema, das aus meiner Sicht jetzt auf den Ethikrat zukommt, betrifft die embryonalen Stammzellen." Das sagte Eve-Marie Engels am Tag nach der Berufung des Nationalen Ethikrates dem Tagesspiegel. Engels ist Inhaberin des ersten Lehrstuhls für Bioethik an der Universität Tübingen und Mitglied des neuen, 24-köpfigen Expertengremiums. Der Rat soll über die ethischen Grenzen der Bio- und Gentechnik diskutieren und politische Empfehlungen abgeben. Kein neues Gesetz in diesem Bereich soll erlassen werden ohne vorher die Stimme des Ethikrates eingeholt zu haben.

Dem Rat gehören nicht nur namhafte Wissenschaftler wie Jens Reich und Detlef Ganten vom Max-Delbrück-Centrum in Berlin sowie die Tübinger Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard an. Auch hochrangige Repräsentanten der Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber sind vertreten. Der Berliner Bischof Wolfgang Huber gehört dazu, ebenso wie Heinz Putzhammer, Vorstandsmitglied beim DGB, und Jenoptik-Chef Lothar Späth.

Der Tübinger Literaturwissenschaftler und Rhetoriker Walter Jens, der dem Rat nicht angehört, übte Kritik an seine Zusammensetzung. "Die Idee an sich ist richtig, aber jede Form von vorherein angestrebter Ausgewogenheit nach dem Muster katholisch/evangelisch oder Arbeitgeber/Arbeitnehmer führt unweigerlich in die Sackgasse", sagte Jens. "Dann brauchen wir das gar nicht erst anzufangen." Engels wies diese Kritik von Jens zurück: "Die Alternative wäre ja, dass alle aus ähnlichen Richtungen kämen. Dann allerdings stünde die Meinung des Rates schon im Voraus fest."

Auch über die Themen, die für den Rat im Mittelpunkt stehen werden, gibt es verschiedene Ansichten. Jens meint, das Expertenteam solle auch über Euthanasie und die Informationsflut der neuen Medien diskutieren. Bischof Huber hingegen sagt, die Frage nach der Menschenwürde solle im Mittelpunkt stehen. Deshalb müsse vor allem das Züchten von Embryonen zu therapeutischem Nutzen ausgeschlossen werden. Menschliches Leben dürfe nicht "Mittel zum Zweck" werden.

Gleichzeitig sagte Huber, dass der Ethikrat keineswegs dazu da sei, der Politik den Weg für eine pragmatische Umsetzung der Biotechnologie zu ebnen. Aufgabe des Gremiums sei, die Forschritte in der Biotechnologie nicht völlig zu blockieren, sondern bei der Auswahl der sich aus der Technik ergebenden Möglichkeiten zu helfen. "Ohne Scheuklappen kann ja nicht bedeuten: ohne Grundsätze", sagte der Theologe in Anspielung auf Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der Kanzler hatte kurz vor Weihnachten eine Diskussion "ohne ideologische Scheuklappen" gefordert.

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