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Politik: EU-Bewerber Türkei: Die Europäische Union misstraut Ankara

Die Skepsis gegenüber dem politischen Kurs der Türkei wächst. Das Europäische Parlament hat sich am Mittwoch zwar für eine "Beitrittspartnerschaft" mit der Türkei und für die Freigabe von EU-Wirtschaftshilfe in Höhe von 177 Millionen Euro ausgesprochen.

Die Skepsis gegenüber dem politischen Kurs der Türkei wächst. Das Europäische Parlament hat sich am Mittwoch zwar für eine "Beitrittspartnerschaft" mit der Türkei und für die Freigabe von EU-Wirtschaftshilfe in Höhe von 177 Millionen Euro ausgesprochen. Gleichzeitig hat es Ankara aber gewarnt, die Voraussetzungen für eine Annäherung an die EU auf die leichte Schulter zu nehmen. "Es wäre eine Illusion zu glauben, dass schon in zwei bis drei Jahren Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beginnen könnten", erklärte der Berichterstatter des Europaparlaments, der österreichische Sozialdemokrat Hannes Swoboda, in Straßburg. Wenn man aber auch in fünf Jahren nicht weitergekommen sei, dann müsse man sich in der EU ernsthaft "über eine andere Form der Partnerschaft" Gedanken machen.

Auch der für die EU-Erweiterung zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen sprach von der in Brüssel verbreiteten Enttäuschung über die Entwicklung in der Türkei: Fortschritte bei der Demokratisierung, bei den Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit und den Minderheitsrechten seien nicht erkennbar. Auch die Entscheidung der EU beim EU-Gipfel von Helsinki vor über einem Jahr, die Türkei in den Kreis der Beitrittkandidaten aufzunehmen, habe nicht, wie erhofft, die inneren Reformen beschleunigt. Nach wie vor sei die Türkei weit davon entfernt, so waren sich die Redner im Europaparlament einig, die so genannten Kopenhagener Kriterien zu erfüllen, die Mindestanforderungen an Demokratie und Menschenrechte stellen. Wiederholt hatte Straßburg auch den Umgang Ankaras mit PKK-Chef Öcalan kritisiert.

Der musste indes zum zweiten Jahrestag seiner Festnahme auf eine öffentliche Erklärung verzichten. Offiziell wegen hohen Wellengangs im Marmara-Meer wollte die türkische Armee seine Strafverteidiger nicht zum regelmäßigen Treffen auf der Gefängnisinsel Imrali übersetzen. Um Öcalans letzte Stellungnahme vor drei Wochen hatte es wegen ihres drohenden Untertons noch erheblichen Ärger gegeben. Heute flucht Öcalan, es werde ihm jedes Wort im Mund umgedreht; deshalb werde er vorläufig gar nichts mehr sagen.

Der bisher reibungslose Draht zwischen Öcalan und der Öffentlichkeit bricht zu einem Zeitpunkt zusammen, da sich der Konflikt zwischen der PKK und Ankara wieder zuspitzt. Nach zwei Jahren ohne Zugeständnis der türkischen Seite musste Öcalan im Januar dem Druck seiner Organisation Rechnung tragen und eine härtere Gangart androhen. Die Reaktion der türkischen Behörden drohte verschärfte Haftbedingungen an, falls Öcalan weiter agitiere. Aus Einsamkeit hat der einzige Häftling auf Imrali dennoch schon mehrfach die Verlegung in ein anderes Gefängnis beantragt.

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