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Politik: EU-Botschafter boykottieren Lukaschenkos Vereidigung

Warschau - Der weißrussische Autokrat Alexander Lukaschenko hatte am Freitag sichtlich Mühe, seinen Amtseid in der Landessprache abzulegen, wie es die Verfassung seines Landes gebietet. „Ich schwöre, dem weißrussischen Volk zu dienen, die Menschenrechte zu achten und die Freiheiten der Bürger nicht anzutasten“, sagte er mit ernster, fast zitternder Stimme, die trotz des Schwurs keinen Anflug von Zynismus erkennen ließ.

Warschau - Der weißrussische Autokrat Alexander Lukaschenko hatte am Freitag sichtlich Mühe, seinen Amtseid in der Landessprache abzulegen, wie es die Verfassung seines Landes gebietet. „Ich schwöre, dem weißrussischen Volk zu dienen, die Menschenrechte zu achten und die Freiheiten der Bürger nicht anzutasten“, sagte er mit ernster, fast zitternder Stimme, die trotz des Schwurs keinen Anflug von Zynismus erkennen ließ. Das vor einem Monat in einer offensichtlich gefälschten Abstimmung wiedergewählte Staatsoberhaupt wirkte in der landesweit vom Staatsfernsehen übertragenen Zeremonie sichtlich angespannt. Erst nach der Vereidigung für die nächsten fünf Jahre gewann Lukaschenko wieder etwas Schwung. Er lobte die Wahlen als mustergültig und kündigte eine Fortsetzung der strategischen Partnerschaften mit Russland, den USA und Europa an.

Dass dies nicht so einfach wird, zeigte sich bereits bei der Amtseinführung: Aus Protest gegen die Wahlfälschungen und gegen die gewaltsame Niederschlagung der Proteste waren sämtliche EU-Botschafter der Zeremonie ferngeblieben und zu einer Konferenz über Weißrussland ins benachbarte Litauen abgereist. Der US-Botschafter machte derweil einen Besuch in der Oppositionshochburg Grodno. Selbst der ukrainische Botschafter blieb Lukaschenkos Amtseinsetzung fern.

Für diese waren bereits Stunden zuvor die Straßen in Minsk leer gefegt worden; öffentliche Busse durften nicht mehr verkehren. Denn Lukaschenko sollte mit seiner üppigen Wagenkolonne zwischen dem Villenvorort Drozdy und dem „Palast der Republik“ absolut freie Fahrt genießen. Zur Amtseinsetzung nahm er seinen jüngsten Sohn Nikolaj mit, den manche Weißrussen mittlerweile als möglichen dynastischen Nachfolger sehen, sollte Lukaschenko in zehn bis zwanzig Jahren genug von seinem Amt als „letzter Diktator Europas“ haben.

Lukaschenkos Massenblatt „Sowjetskaja Belarus“ („Sowjetisches Weißrussland“) bezeichnete den Oppositionskandidaten Andrej Sannikow unterdessen als Hauptverantwortlichen des angeblichen Putschversuches in der Wahlnacht. Sannikow und dessen Ehefrau, die Journalistin Irena Chalip, sollen demnach von ausländischen Mächten 20 Millionen Dollar für die Entthronung Lukaschenkos kassiert haben. Zusammen mit ihnen sitzen immer noch 30 Oppositionelle in KGB-Untersuchungshaft. Ihnen drohen lange Haftstrafen. Am Donnerstag hatte Lukaschenko in einer Rede Deutschland und Polen vorgeworfen, einen Umsturzversuch in Weißrussland geplant und finanziert zu haben. Paul Flückiger

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