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EU-Finanzen: Gipfel setzt Blair unter Druck

Der britische EU-Ratsvorsitzende Tony Blair ist gleich zu Beginn des Brüsseler Gipfeltreffens über Europas künftige Finanzen massiv unter Druck geraten. Er solle mehr vom "Briten-Rabatt" aufgeben, forderten seine Kollegen.

Brüssel - Die EU-Partner bekräftigten aber den Willen zu einer Einigung. Alle wollten das Beste versuchen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Ankunft zu ihrem ersten EU-Gipfel. Der Ratsvorsitzende Blair sagte harte Verhandlungen voraus: «Alles ist sehr in der Schwebe.»

Die konservativen und liberalen Regierungschefs mehrerer EU-Staaten forderten unmittelbar vor Beginn des zweitägigen Treffens deutliche Nachbesserungen der Vorschläge für die Finanzplanung von 2007 bis 2013. Bundeskanzlerin Merkel versprach, die Verhandlungen konstruktiv zu gestalten. Sie wolle eine Einigung, aber nicht um jeden Preis. «Wir brauchen Planungssicherheit, auch für den Aufbau in den zehn neuen Mitgliedsländern», sagte Merkel.

Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen verlangte ebenfalls Verbesserungen für die neuen Mitgliedstaaten. «Und diese könnten durch Einschnitte im Briten-Rabatt finanziert werden», sagte der Däne. Sein belgischer Amtskollege Guy Verhofstadt betonte, der vorliegende Vorschlag reiche nicht aus: «Das Budget von 25 kann nicht unter dem von 15 liegen. Aber darauf läuft es heute hinaus.»

Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, unter dessen Vorsitz eine Einigung im Juni vor allem am Widerstand der Briten gescheitert war, forderte den britischen Regierungschef zu mehr Kompromissbereitschaft auf: «Großbritannien muss sich an den Kosten der Erweiterung beteiligen.» Blair kam vor dem Gipfel zu einem Gespräch mit Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac zusammen. Die beiden Hauptkontrahenten wollten Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Der Däne Rasmussen verlangte ein mittelfristiges Auslaufen des milliardenschweren Rabatts auf den britischen EU-Beitrag. Als dieser Mitte der 80er Jahre eingeführt wurde, hätten die Agrarausgaben der Union noch 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Am Ende der kommenden Finanzperiode im Jahr 2013 werde deren Anteil auf 0,45 Prozent geschrumpft sein. «Das zeigt, dass der britische Rabatt nicht länger gerechtfertigt ist», sagte der Däne.

Der finnische Regierungschefs Matti Vanhanen forderte einen neuen Vorschlag der Briten. Er warnte, die von Blair geforderte Reform der gemeinsamen Agrarpolitik sei «eine der heikelsten Fragen in den nächsten Stunden und Tagen». Rasmussen mahnte, der im Herbst 2002 vereinbarte Kurs in der Agrarpolitik müsse weiter gelten.

Der estnische Ministerpräsident Andrus Ansip verlangte mehr zukunftsgerichtete EU-Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Bildung. Rumäniens Regierungschef Calin Popescu-Tariceanu, dessen Land der EU im Jahr 2007 beitreten will, nannte den britischen Vorschlag «etwas unfair und weniger ehrgeizig als erhofft».

Polens Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz betonte, ein Kompromiss über die finanzielle Perspektive der EU dürfe nicht den Grundsatz der Solidarität verletzen. «Wir kämpfen zunächst vor allem um die Grundsätze, um die Rückkehr des Prinzips der Solidarität.» Hierzu sei der «Druck aller Länder, auch der größten, unverzichtbar.» Blair versicherte: «Wir werden unser Bestes für eine Einigung tun.»

Für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso steht bei dem Gipfel die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft auf dem Prüfstand. Die Teilnehmer müssten die Frage beantworten, wie eine erweiterte Europäische Union funktionieren könne. «Ich hoffe, dass wir eine glaubwürdige Antwort geben können - nicht nur an die eigenen Bürger, sondern auch an jene, die uns von außen betrachten», sagte Barroso.

Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der zum Jahreswechsel den EU-Ratsvorsitz übernimmt, zeigte sich bei Beginn des Gipfels vorsichtig optimistisch. «Ich habe den Eindruck, dass wir uns allmählich und möglicherweise auch langsam in die richtige Richtung bewegen», sagte Schüssel. «Aber es wird schwierig, das sollte man nicht verheimlichen.»

Der schwedische Regierungschef Göran Persson dämpfte hingegen die Erwartungen. «Wir haben noch Zeit, eine Einigung zu finden», sagte er. «Und wir sollten an der Idee festhalten, eine gute Lösung zu suchen, statt uns in eine Ecke zu manövrieren und uns eine andere Lösung aufzuzwingen.» Persson gehörte im Juni zu jenen Regierungschefs, die gemeinsam mit dem Briten Tony Blair den von Luxemburg vorgeschlagenen Kompromiss ablehnten. (tso/dpa)

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