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Politik: EU gegen Spielerkäufe: Grauzonen der Freizügigkeit

Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. So steht es in Artikel 48 des EWG-Vertrags von 1957, der später gleich lautend zu Artikel 39 des Vertrags von Amsterdam (1997) wurde.

Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. So steht es in Artikel 48 des EWG-Vertrags von 1957, der später gleich lautend zu Artikel 39 des Vertrags von Amsterdam (1997) wurde. Sind Fußballspieler Arbeitnehmer wie jeder andere? Der Europäische Gerichsthof (EuGH) sagt ja. Und ergänzt: Profi-Fußball ist Teil des Wirtschaftslebens. Jeder Fußballer hat das Recht auf freie Ausübung seines Berufes in allen Ländern der Union. Diese Freiheit darf nicht behindert werden, schon gar nicht durch Absprachen zwischen Vereinen, die sich über Ablösesummen verständigen. Denn das verstieße zudem gegen Artikel 85 der EWG-Vertrages, wonach Preisabsprachen gegen die Wettbewerbsfreiheit der Unternehmen verstoßen. Und ein Fußball-Klub ist nichts anderes als ein Unternehmen. Über die Einhaltung dieser Verträge wacht der italienische EU-Kommissar Mario Monti. Seiner Meinung nach ergibt sich daraus sowohl die Unzulässigkeit der Transfersysteme zwischen den Fußballvereinen wie auch übermäßig langer Kündigungsfristen.

Das alles hat das berühmte Bosman-Urteil des EuGH vom Dezember 1995 bereits klargestellt. Der Fall: Der belgische Kicker Jean-Marc Bosman wollte zum Ablauf der Spielzeit 1989/90 seinen Verein RFC Lüttich verlassen, nachdem dieser ihm eine Vertragsverlängerung nur zu schlechteren Konditionen angeboten hatte. Für den Wechsel zum französischen Verein US Dünkirchen verlangte Lüttich eine Summe von rund 580 000 Mark. Dünkirchen weigerte sich, diesen Preis zu zahlen. Bosman wurde gesperrt. Zu Unrecht, wie der EuGH entschied. Denn Ablösesummen verhinderten, dass Spieler sich überall am Markt frei bewegen können, interpretiert Heinrich Weiss, Professor für internationales Arbeitsrecht in Frankfurt.

Die Freizügigkeit kann durch direkte und indirekte Vertragseffekte behindert werden. Indirekte Effekte sind aber auch lange Kündigungsfristen, durch welche die Mobilität der Arbeitnehmer, sprich Spieler, an die Leine gelegt wird. Eine solche "Goldene Fessel" ist schon im nationalen Arbeitsrecht verboten. Auch hier versuchen Unternehmen immer wieder, beispielsweise die Erstattung von Umzugskosten an entsprechende Auflagen zu knüpfen. Weiss macht allerdings deutlich, dass es keine feste Demarkationslinie gibt: So könnte man eine Kündigungsfrist von sechs Monaten als Bedingung für die Gewährung der Umzugskosten noch statthaft finden. Eine Bindung von fünf Jahren wäre aber sicherlich eine Behinderung der Freizügigkeit.

Solche Grauzonen öffnen dem Rechtsstreit Tür und Tor. So argumentieren jetzt kleinere Fußball-Klubs, eine Investition in die Ausbildung junger Fußballer lohne sich nur, wenn der Klub danach einige Jahre von seinem Kicker etwas habe. Doch Fifa und Uefa gehen noch weiter. Angesichts des kulturellen, erzieherischen und sozialen Wertes von Sport könne man die Vereine nicht mit Wirtschaftsunternehmen vergleichen, sagen sie. Eine Mannschaft müsse zusammenwachsen. Da könne nicht jeder kommen und gehen wie er wolle.

Auch einzelne europäische Regierungen betreiben mit diesem Argument Lobbyarbeit in Brüssel. Unter der konservativen Regierung Helmut Kohls habe man dieses Argument auch von deutscher Seite in Brüssel häufig vernommen, heißt es. Mario Monti stellt sich ziemlich taub - wie schon sein Vorgänger Karel van Miert. Denn das Argument erinnert an die Lobbyisten der Verlage für die Buchpreisbindung. Die einen sagen, wo Kultur drin ist, dürften nicht die Regeln von Waschmitteln gelten. Die Sportler meinen, wo Leibesübungen drin steckten, könnte es sich nicht um ganz normale Arbeitnehmer und Unternehmer handeln. Würde sich Monti auf den Markt solcher Extrawürste einlassen, er käme in Teufels Wurstküche.

Rainer Hank

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