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Politik: EU-Gipfel: Ringen um europäische Zinsbesteuerung geht weiter

In Marathonverhandlungen haben die EU-Finanzminister am Montag über die Zinsbesteuerung gestritten. Als härtester Gegner einer Einigung erwies sich Österreich, das darauf bestand, an der dort herrschenden Quellensteuer festhalten zu können.

In Marathonverhandlungen haben die EU-Finanzminister am Montag über die Zinsbesteuerung gestritten. Als härtester Gegner einer Einigung erwies sich Österreich, das darauf bestand, an der dort herrschenden Quellensteuer festhalten zu können. "Entweder Bankgeheimnis und Quellensteuer als Ausnahmeregelung für Österreich oder die Quellensteuer für alle EU-Mitgliedstaaten", forderte Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Nachdem die Finanzminister sich schon am Sonntagabend nicht einigen konnten, erhielten sie am Montag den Auftrag der Regierungschefs, "wenigstens nach einer klaren Verhandlungsposition 14:1 zu suchen", sagte Torsten Albig, Sprecher des deutschen Finanzministers Hans Eichel. Österreich bewege sich nicht, es habe aber offenbar andere als ökonomische Beweggründe.

Die Portugiesen hatten einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt, mit dem sie versuchten, möglichst viele inzwischen von einzelnen Mitgliedstaaten vorgebrachte Bedenken aufzugreifen. Offenbar konnten dem Kompromiss zunächst auch Belgien und Griechenland ebenso wenig zustimmen wie Luxemburg und Österreich. Doch die Bedenken Belgiens und Griechenlands konnten ausgeräumt werden, nur Luxemburg hatte gewisse Vorbehalte gegen die im Kompromissvorschlag genannte Fristen, zeigte sich jedoch offen für eine Einigung.

Die portugiesische Ratspräsidentschaft hatte seit Sonntag um Zustimmung zu einem neuen Drei-Phasen-Modell geworben: In der ersten Phase sollen die Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission in Verhandlungen mit Nicht-EU-Ländern und wichtigen assoziierten Staaten treten. Etliche Länder, in denen gegenwärtig ausländisches Kapital angelegt wird, befürchten nämlich, dass die Anleger ins Nicht-EU-Ausland ausweichen könnten, wenn innerhalb Europas eine einheitliche Zinsbesteuerung möglich wäre. Zu diesen so genannten Drittstaaten gehören die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra, San Marino und die USA. Zu den assoziierten Staaten werden die Kanalinseln, die Isle of Man und karibische Gebiete gezählt, die auch als Steuerparadiese in Frage kommen. Mit diesen Staaten oder Regionen sollen Kommission und Ratspräsidentschaft vergleichbare Besteuerungsformen aushandeln, damit sich die Steuerflucht nicht von EU-Staaten in außereuropäische Staaten verlagert.

Über die Fortschritte soll der Europäische Rat regelmäßig informiert werden. Gleichzeitig soll innerhalb von zwei Jahren die Zustimmung dieser Staaten zu den wesentlichen Inhalten der EU-Regelung erlangt werden. Wenn der Rat sich auf die Detailregelungen für die Zinssteuer geeinigt hat, zum Beispiel über den Anteil der Quellensteuer, der an den Herkunftsstaat abgeführt werden muss, dann sollen fünf Jahre lang Quellensteuermodell und Informationsmodell nebeneinander gelten. Danach soll das Informationsmodell von allen EU-Staaten eingeführt werden.

Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Quellensteuermodell sieht vor, dass die Staaten eine Steuer von mindestens 20 Prozent auf die Zinserträge einbehalten und einen Teil davon an den Herkunftsstaat abführen. Das Informationssystem dagegen sieht vor, dass die Finanzverwaltungen des Herkunftsstaates über Namen, Adressen und Zinserträge informiert werden. Luxemburg forderte, dass mit den Drittstaaten identische Regelungen vereinbart werden müssten. Gelinge dies nicht, solle auch das Koexistenzmodell nicht in Kraft treten. Es sieht vor, dass sich die Staaten zwischen Informationspflicht und Quellensteuer entscheiden. Österreich lehnte es ab, den Informationsaustausch als Perspektive für alle Mitgliedstaaten festzulegen. Es forderte, von der Informationspflicht ausgenommen zu werden, wenn diese EU-weit gelten solle. Österreichs Finanzminister sagte, wenn der deutsche Finanzminister der Schweiz als Drittstaat anbiete, eine Quellensteuer von 35 Prozent einzuführen, dann müsse dies auch für Österreich möglich sein.

Mariele Schulze-Berndt

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