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EU-Gipfel: Tschechien und Ungarn zeigen sich europaskeptisch

Tschechien gönnt Brüssel nicht mehr Macht – und Ungarn verliert kurzzeitig den Überblick. Es hatte sich sofort dem britischen Veto gegen EU-Vertragsänderungen für eine Fiskalunion angeschlossen.

„Wir sollten uns vernünftig verhalten“, verkündet der Prager Präsident Vaclav Klaus zur Euro-Krise. Er ist einer der profiliertesten Europa-Skeptiker und wirbt in seinem Land dafür, sich bei der Euro-Rettung zurückhaltend zu geben. „Es ist unnötig, auf diesen Trend aufzuspringen, ein schlechtes Projekt wie die gemeinsame europäische Währung um jeden Preis zu verteidigen“, sagte er vor tschechischen Journalisten.

Inhaltlich gibt Klaus aus seinem vor allem repräsentativen Amt heraus zwar nicht die offizielle tschechische Politik vor, aber die Mitte-Rechts-Koalition in Prag scheint seiner Argumentation zu folgen. Premierminister Petr Necas von der bürgerdemokratischen Partei ODS äußerte sich zurückhaltend zu den Vorschlägen, die in Brüssel ausgehandelt wurden. „Im Moment halte ich es für vorzeitig, einen definitiven Standpunkt einzunehmen. Ich persönlich empfehle aber aus meinem Informationsstand heraus Umsicht und Vorsicht.“ Mit diesen Worten begründete er das tschechische Nein zum Plan, den Haushalt sämtlicher EU-Staaten unter eine gemeinsame Aufsicht zu stellen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tschechische Republik ihre Haushalts-Souveränität verliert und dass die Regeln, die sich auf Mitgliedsländer der Eurozone beziehen, auch auf außenstehende Staaten angewendet werden.“

In der tschechischen Politik ist die Übertragung von Rechten nach Brüssel ein sensibles Thema. Viele Euroskeptiker im Land berufen sich bei ihrer kritischen Haltung gerade auf diesen vermeintlichen Verlust an Eigenständigkeit. „Jetzt sind wir nach der deutschen Besatzung und dem langen Diktat aus Moskau endlich ein souveräner Staat, und schon sollen wir wieder Vollmachten nach Brüssel abgeben“ – dieser Satz ist in Tschechien häufig zu hören. Dabei steht die Mehrzahl der Bürger hinter der europäischen Einigung; gerade im konservativen Regierungslager allerdings wünscht man sich die EU eher als Freihandelszone denn als eng verbundenes politisches Gebilde. Aus diesem Grund zögert Prag auch mit der Einführung des Euro, obwohl Tschechien wirtschaftlich wesentlich stabiler dasteht als viele Mitglieder der Eurozone.

Zur Lösung der Euro-Krise sei Tschechien bereit, für eine gemeinsame Aufsicht über die nationalen Haushalte zu stimmen, die allerdings nur für die Mitglieder der Eurozone gelten dürfe, sagt Premierminister Petr Necas. Der Prager Außenminister Karel Schwarzenberg hat für diesen Fall ein Referendum vorgeschlagen; für diesen Vorstoß allerdings scheint er innerhalb der Regierung keine Unterstützung zu bekommen.

Auch Ungarn hatte sich in der Nacht auf Freitag sofort dem britischen Veto gegen EU-Vertragsänderungen für eine Fiskalunion angeschlossen. Am Freitagmittag jedoch machte die ungarische Europaministerin Eniko Györi einen halben Rückzieher. Morgens um fünf habe unter den total übermüdeten Gipfelteilnehmern in Brüssel ein Chaos geherrscht, erklärte sie der BBC. Ungarn sei eigentlich für möglichst strikte neue Finanzregeln, sagte Györi. Ministerpräsident Viktor Orban wolle die neuen Regeln jedoch dem Parlament unterbreiten. „Als Premierminister kann ich nicht darüber entscheiden, Ungarns Souveränität aufzugeben, dazu braucht es einen Parlamentsentscheid“, sagte Orban.

Die deutschsprachige Zeitung „Pester Lloyd“ warf der ungarischen Regierung Egoismus vor. Sieben Jahre habe das Land von den Brüsseler Transferzahlungen profitiert, doch zu einem Solidaritätsakt sei Orban nicht fähig gewesen.

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