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Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras bei einer Pressekonferenz beim EU-Gipfel in Brüssel.

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EU-Gipfel und Griechenland: Tsipras' harte Landung

Im Blinzel-Spiel zwischen Alexis Tsipras und den übrigen 18 Euro-Partnern, in dem beide Seiten möglichst lange ihr Pokerface wahren müssen, hat der griechische Premier als erster aufgegeben. Das ist logisch, denn schließlich sitzt er am kürzeren Hebel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Alexis Tsipras hat geblinzelt. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel hat er mit dem Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem vereinbart, dass Experten der internationalen Geldgeber die Vorschläge der neuen Athener Links-rechts-Regierung zur finanziellen Überbrückung der nächsten Monate auf Herz und Nieren prüfen können. Mag sein, dass die „Troika“ demnächst nicht mehr „Troika“ heißt und dass auch die Kreditgeber natürlich bei einer Neugestaltung des Athener Sparprogramms mit sich reden lassen werden. Aber festzuhalten bleibt doch: In dem Blinzel-Spiel zwischen Tsipras und den übrigen 18 Euro-Partnern, in dem beide Seiten möglichst lange ihr Pokerface wahren müssen, hat der griechische Premier als erster aufgegeben.
Der Vorgang ist umso bemerkenswerter, als es zuvor noch die griechische Seite gewesen war, die ihre Karten überhaupt nicht aufdecken wollte. Zum Euro-Finanzministertreffen am Mittwoch war der griechische Ressortchef Yanis Varoufakis ohne irgendwelche konkreten Angaben zum Finanzbedarf Athens angereist. Die Gespräche mit den Geldgebern führte er nach dem Motto: Warum über eine Fortsetzung des ungeliebten Hilfsprogramms reden, wenn doch die neue griechische Regierung in den Umfragen gerade so gut dasteht?
Von dieser hartleibigen Haltung scheinen sich Tsipras und seine Minister in diesen Tagen zu verabschieden. Möglicherweise haben sie erkannt, dass die Finanzlage – nicht zuletzt wegen des jüngsten Einbruchs bei den Steuereinnahmen – doch schlechter ist als gedacht. Auch scheint Tsipras zu dämmern, dass die Annahme, der zufolge sein Land bis zum Sommer ohne Finanzhilfen problemlos über die Runden kommen wird, sich als Trugschluss erweisen könnte.

Die Zeit drängt für Griechenland, und ohne eine Lösung mit den Euro-Partnern könnte es auch zu einem „Grexit wider Willen“ kommen. Anders gesagt: Wenn Tspiras nicht aufpasst und die internationalen Kreditgeber mangels einer Einigung über die Modalitäten kein frisches Geld zur Verfügung stellen, dann könnte Hellas früher als gedacht die Pleite drohen.

Da ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für breite Schichten der griechischen Bevölkerung viel schwer wiegendere Folgen hätte als für den Rest der Euro-Zone, sollte Tsipras nun aufhören, seinen europäischen Partnern mit dem Folgen eines „Grexit“ zu drohen. Letztlich sitzt er am kürzeren Hebel – und diese Einsicht setzt sich offenbar bei den Politikern des Linksbündnisses Syriza allmählich durch.

Keine Extrawurst für Griechenland

Schließlich kann Tsipras auch nicht mehr darauf hoffen, jene Trumpfkarte auszuspielen, die in Teilen der griechischen Bevölkerung immer noch Eindruck macht: die Darstellung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble als Buhleute der Euro-Zone. Falls der Chef des Linksbündnisses Syriza darauf gehofft haben sollte, dass er den französischen Staatschef François Hollande oder den italienischen Regierungschef Matteo Renzi für sein Vorhaben einer vollständigen Lockerung der Auflagen der Kreditgeber würde gewinnen können, so haben ihn die letzten Abende in Brüssel eines besseren belehrt.

Nirgendwo in der EU gibt es Unterstützung für den Syriza-Wahlkampfslogan, dass die Vorgaben der Gläubiger in den Papierkorb gehören – auch nicht in den einstigen Programmländern Irland, Portugal und Spanien. Wie sollte das politische Führungspersonal in diesen Staaten deren Bevölkerung auch erklären, dass sie Einschnitte verkraften mussten, wenn die Griechen jetzt eine Extrawurst gebraten bekommen?
Gewiss, Griechenland stellt einen Sonderfall dar. Eine sechsjährige Rezession hat hier viel tiefere Spuren hinterlassen als andernorts in der Euro-Zone. Aber dass sich daraus eine komplette Verweigerung bei der nun anstehenden Kompromisssuche nicht ableiten lässt, ist zum Glück inzwischen auch Tsipras klar.

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