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EU-Haushalt bis 2020: Hauen und Stechen

Im November endete der EU-Haushaltsgipfel ergebnislos. Nun drängt die Zeit, am Donnerstag und Freitag soll ein Gemeinschaftsbudget für die Jahre 2014 bis 2020 beschlossen werden. Werden sich Geber- und Nehmerländer diesmal auf ein Budget einigen können?

Kein Scheitern, keine unüberbrückbaren Gegensätze: Wenn Brüsseler Diplomaten dieser Tage auf den im November ergebnislos zu Ende gegangenen Haushaltsgipfel zurückblicken, ist bei ihnen euphemistisch von einer „unterbrochenen Sitzung“ die Rede, die nun am Donnerstag und Freitag „wieder aufgenommen“ würden. Dann sollen sich die Staats- und Regierungschefs im zweiten Anlauf auf einen Mehrjährigen Finanzrahmen verständigen, der eine Budgetobergrenze für die Jahre 2014 bis 2020 und die politischen Prioritäten in dieser Zeit festlegt.

Weil mit 94 Prozent das allermeiste Geld in die Mitgliedstaaten zurückfließt, gibt es ein Hauen und Stechen. Die Fronten verlaufen kreuz und quer: Eine Gruppe von Nettozahlerländern, die also mehr in die Brüsseler Töpfe einzahlen als sie wieder erhalten, kämpft für ein möglichst kleines Budget – darunter Deutschland und Großbritannien. Demgegenüber stehen 14 Nettoempfänger, angeführt von Polen. Sie wollen, dass das Ergebnis so nahe wie möglich am Kommissionsvorschlag liegt, der 1083 Milliarden Euro für sieben Jahre vorsieht. Frankreich wiederum ist zwar Nettozahler, will aber möglichst viel Geld im Agrarhaushalt sehen. Staatschef Francois Hollande kündigte gestern im Europaparlament an, „Kürzungen über das erträgliche Maß hinaus“ ablehnen zu wollen. Iren, Spanier und Italiener denken ähnlich.

Schon im November war es bei der Summe nach unten gegangen. Mit 1009 Milliarden Euro lag der Kompromissvorschlag von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy aber noch über der symbolischen Billionenmarke, was Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premier David Cameron weiter missfiel. Van Rompuy bestätigte gestern, dass er gleich zu Gipfelbeginn am Donnerstagnachmittag ein neues Papier vorlegen werde – „zum ersten Mal überhaupt mit echten Kürzungen verglichen mit dem laufenden Etat “. Der hat sich seit 2007 975 Milliarden Euro addiert.

Trotzdem herrscht Optimismus in Brüssel

Die EU-Kommission hält nur formal an ihrem Vorschlag fest. Zwar nennt es Energiekommissar Günther Oettinger „abwegig bis schwachsinnig“, dass über Kürzungen an dem einen Prozent der Wirtschaftsleistung, das für die Gemeinschaft ausgegeben wird, die öffentlichen Finanzen saniert werden sollen; insgesamt nämlich liege die Staatsquote bei 50 Prozent. Sein slowakischer Kollege Maroš Šefcovic aber räumt schon die Niederlage ein: „Wir wissen, dass die Landezone weit entfernt liegt von dem, was wir vorgeschlagen haben.“

Van Rompuy will trotz der Kürzungen, dass der Etat zum „Wachstumsmotor“ wird und eine „reale Steigerung der Ausgaben für Forschung, Innovation und Bildung“ beinhaltet. Vor allem aber soll es einen neuen, „mehrere Milliarden Euro“ schweren Fonds zur Bekämpfung der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit geben, „dem zurzeit drängendsten Problem der EU“.

Sonst herrscht verhaltener Optimismus in Brüssel. „Niemand kann sich ein Scheitern des Gipfels leisten“, sagt einer der 27 EU-Botschafter, „das wäre ein fatales Signal an unsere internationalen Partner. Regionalkommissar Johannes Hahn vergleicht die Verhandlungen mit einer kollektiven Besteigung des Mount Everest, der alle gleichzeitig auf dem Gipfel ankommen müssen. „Die Frage ist“, so der Österreicher, „ob ich 27 Sieger kreieren kann.“

Zumindest der Brite Cameron, der auf der Insel ein großes EU-kritisches Lager zu beruhigen trachtet, dürfte kompromissbereiter als im November zur Neuauflage des Gipfels reisen. Nach Ansicht Hahns hat er mit seiner Ankündigung, die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen zu lassen, „bei den Budgeterwartungen ein bisschen Druck herausgenommen".

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