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EU: Hilfsfonds für Europa

In Brüssel stößt Wolfgang Schäubles Vorschlag auf Wohlwollen – doch sollen EU-Verträge nicht geändert werden.

Offene Türen hat Wolfgang Schäuble in Brüssel und Straßburg eingerannt. Der Vorschlag des Bundesfinanzministers, als Lehre aus der griechischen Krise einen europäischen Währungsfonds aufzubauen, stößt in der EU-Kommission auf großes Wohlwollen. Die Brüsseler Behörde sei „bereit, einen solchen Gesetzesvorschlag zu unterbreiten“, sagte der Sprecher des EU-Währungskommissars Olli Rehn am Montag. Zwar gebe es noch keinen Zeitplan und keine konkreten Papiere, doch „bewegen sich die Diskussionen auf diesem Gebiet sehr schnell“. Er bestätigte zudem, dass es zwischen Kommission und Mitgliedstaaten mehrere Gespräche zu dem Thema gab. Nächster Termin wird das Treffen der europäischen Finanzminister Anfang nächster Woche in Brüssel sein.

Die Schaffung eines Währungsfonds für die Eurozone, der eine eigene Behörde oder aber auch ein reines Finanzierungsinstrument sein könnte, wird allerdings so schnell nicht möglich sein. Rehns Sprecher stellte klar, dass es dabei nicht um aktuelle Hilfe für Griechenland geht, sondern darum, „mögliche Probleme in der Zukunft zu lösen“. Auch Portugal, Italien, Irland, Großbritannien und Spanien haben riesige Schuldenberge.

Damit es nicht zu lange dauert, wird in Brüssel ein Fonds nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) favorisiert, der klammen Staaten mit Krediten aushilft und im Gegenzug Strukturreformen einfordert. Das soll ohne Änderung der EU-Verträge geschehen, denn dies würde einen langwierigen Ratifikationsprozess in allen 27 EU-Staaten samt Volksabstimmungen nötig machen. „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir jetzt eine Vertragsänderung angehen, wo der Lissabon-Vertrag erst wenige Monate in Kraft ist“, sagte ein EU-Diplomat dem Tagesspiegel.

So denken auch die Christdemokraten im Europaparlament. „Ich halte viel von einem Europäischen Währungsfonds, solange das unterhalb einer Vertragsänderung geschieht“, sagte Werner Langen, Chef der deutschen Unionsabgeordneten. Die Zustimmung im Parlament ist fraktionsübergreifend. Silvana Koch- Mehrin, Vorsitzende der deutschen Liberalen, sagte dem Tagesspiegel: „Die EU braucht dringend ein Instrument, um in den europäischen Krisenländern strikte Reformen durchsetzen und ihnen dabei auch kurzfristig unter die Arme greifen zu können.“ Der SPD-Europapolitiker Udo Bullmann forderte, die Eurostaaten müssten „zu anständigen Konditionen Schulden aufnehmen können, ohne dass die Spekulanten Reibach damit machen“. Vertragliche Grundlage ist für ihn Artikel 122 des Lissabon-Vertrages, der entgegen den anderen Paragrafen, die Hilfen ausdrücklich verbieten, Solidarität bei „außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen“, erlaubt. Nur die Grünen melden noch größeren Beratungsbedarf an: „Es kommt vor allem auf die Ausgestaltung an“, sagte deren wirtschaftspolitischer Sprecher Sven Giegold: „Unsoziale Strukturanpassungsprogramme, wie der IWF sie weltweit praktiziert, brauchen wir in Europa nicht.“

Jürgen Stark, der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, hält dagegen wenig von dem Fonds. „Ein solcher Mechanismus wäre nicht mit der Geschäftsgrundlage der Währungsunion vereinbar“, schreibt er im „Handelsblatt“. Es wäre der Start eines europäischen Finanzausgleichs, der „sehr teuer werden könnte“. Länder mit „finanzpolitischem Schlendrian“ würden ihr Verhalten nicht ändern. Stark fürchtet, dass sogar die öffentliche Akzeptanz des Euros und der EU „unterminiert würden“. mit HB

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