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Premier Brian Cowen droht ein Absturz.

© dpa

EU-Hilfspaket: Irlands Regierung wird Opfer der Finanzkrise

Die bisherige Regierungspartei Fianna Fáil erhält die Quittung für das EU-Hilfspaket. Der Favorit für das Premiersamt will neu verhandeln.

„Ich habe dieses Chaos nicht verursacht“, empört sich die Hauswirtschafts-Lehrerin Georgina Brannigan Flynn. „Ich lebte nicht extravagant während des Booms, ich hatte keine Ferienhäuser im Ausland. Trotzdem zahle ich jetzt den Preis.“ Die rothaarige 41-Jährige schätzt, dass sie und ihr Mann, der ebenfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, schon 1000 Euro pro Monat an verfügbarem Einkommen verloren haben, seit Irland begann, Ausgaben zu senken und Steuern zu erhöhen. Dann zählt sie zusätzliche Kosten auf: allein die Krankenversicherung wurde unlängst um bis zu 45 Prozent erhöht. Und wem gibt die Mutter von zwei Schulkindern die Schuld? „Teils den Banken, teils unserer eigenen Gier, teils der fehlenden Aufsicht und Kontrolle.“

Die bisherige Regierungspartei Fianna Fáil, die Irland seit 1932 mehrheitlich kontrolliert hat, wird für die katastrophale Spekulationsblase, die den irischen Haushalt aus dem Gleichgewicht warf und die irischen Banken in den Abgrund riss, unbarmherzig bestraft werden. Die Partei, die 2007 noch über 41 Prozent der Stimmen erhalten hatte, muss sich bei der Parlamentswahl an diesem Freitag laut der jüngsten Meinungsumfrage mit 15 Prozent begnügen.

Allein, die Alternative bringt zwar einen personellen Wechsel und befreit Irland fürs Erste vom Ruch der Korruption, aber die führende Partei, Fine Gael, ist letztlich kaum von Fianna Fáil zu unterscheiden. Beide betreiben eine populistische Politik. Überdies bleibt der wirtschaftspolitische Spielraum der neuen Regierung eng: seit Irland Ende November unter die Vormundschaft des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission gestellt wurde, werden die Eckwerte in Washington, Frankfurt und Brüssel bestimmt. Das Land muss mindestens bis 2014 brutale Einschnitte verkraften. Insgesamt beträgt das Ausmaß der fiskalischen „Korrektur“ im Zeitraum 2008 bis 2014 etwa 30 Milliarden Euro – das entspricht den gesamten diesjährigen Staatseinnahmen.

Während des Wahlkampfes versprachen die bisherigen Oppositionsparteien, sie wollten die Kreditkonditionen mit dem IWF, vor allem aber mit der EU neu aushandeln. Der Zinssatz von rund sechs Prozent wird als ungerechtfertigter Strafzins empfunden. Denn schließlich habe der irische Steuerzahler seine Banken nicht zuletzt deshalb gestützt, um deren Gläubigern – vor allem deutschen und britischen Banken – Verluste zu ersparen. Jene, die sich einseitig von diesen Verbindlichkeiten befreien wollen, und den Alleingang Irlands fordern, werden zwar in dieser Wahl zulegen, aber die Hoffnungen der Sinn-Féin-Partei, die aus der IRA erwachsen war, sie könnte gar zur Oppositionsführerin werden, sind weitgehend gegenstandslos geworden.

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