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EU-Klimagipfel: Unions-Länder setzen Merkel unter Druck

Die Kanzlerin soll in der EU bei Klimapolitik bremsen, fordern die Unions-Länder. Aufgrund der Rezession solle die Bewältigung der Wirtschaftskrise jetzt Priorität haben, fordern mehrere Ministerpräsidenten. Merkel kann das schwer ignorieren.

Unmittelbar vor dem EU-Gipfel gerät die Bundesregierung in der Klimaschutzpolitik stark unter Druck: Mit Verweis auf die Rezession warnen die wichtigsten unionsgeführten Bundesländer Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor, deutschen Unternehmen neue Klimaschutzlasten aufzubürden. "Die Bewältigung der Weltwirtschaftskrise muss jetzt auch in der EU Priorität haben", forderte etwa der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).

Hintergrund ist die Absicht der 27 EU-Regierungen, diese Woche ein umfassendes Klimaschutzpaket zu beschließen. Vor allem der CO2-Emissionshandel dürfe die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aber nicht belasten, fordern laut "Handelsblatt" neben Rüttgers auch Horst Seehofer (Bayern), Christian Wulff (Niedersachsen), Peter Müller (Saarland), Stanislaw Tillich (Sachsen) sowie die hessische Landesregierung.

Für die Kanzlerin, die am Sonntag mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy über das Thema sprach, ist die Forderung der Länder zwar nicht bindend. Eine derartige Front der Ministerpräsidenten kann CDU-Chefin Merkel aber schwer ignorieren. Merkel hatte zudem am Donnerstag angekündigt, sich beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel für Ausnahmen für die energieintensive Industrie einzusetzen.

Osteuropas Energieversorger ersteigern erst ab 2019 alle CO2-Zertifikate

Bestätigt sehen sich die Länderchefs in ihrer Sorge vor Wettbewerbsnachteilen durch neue Zugeständnisse von EU-Ratspräsident Sarkozy an osteuropäische EU-Länder. Bei einem Treffen mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk am Samstag gestand ihnen der Franzose Erleichterungen beim Emissionshandel zu. So müssten Osteuropas Energieversorger erst ab 2019 (bisher 2016) alle CO2-Zertifikate ersteigern. Die Versorger in den reicheren Mitgliedstaaten sollen dagegen ab 2013 alle CO2-Rechte über Auktionen erwerben.

Saar-Regierungschef Müller sagte dem Magazin "Focus": "Die Bundesregierung sollte bei den EU-Verhandlungen an den Zielen des Klimaschutzes festhalten, aber den Zeitplan strecken." Er warnte vor einem Verlust von Arbeitsplätzen. Rüttgers warnte vor steigenden Strompreisen. "Das würde den Abschwung noch verstärken." Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft warnte: "Für einen Durchschnittshaushalt würde sich die Stromrechnung damit im Jahr um 90 Euro erhöhen", sagte Verbandschefin Hildegard Müller.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen sieht darin jedoch einen Rückfall in den Irrglauben, dass Umweltschutz der Wirtschaft schadet, wie es in einer "Zeit Online" vorliegenden Stellungnahme für die Bundesregierung heißt. Die Umwelt-Berater der Bundesregierung und das Umweltbundesamt warnten vor Aufweichungen des geplanten EU-Klimapakets angesichts der Wirtschaftskrise. Die Klimaschutz-Verhandlungen sollten nicht durch "unverhältnismäßige Rücksichtnahme auf industrielle Partikularinteressen" belastet werden. Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin nannte die Forderungen der Ministerpräsidenten und der Wirtschaft einen "Anschlag auf den internationalen Klimaschutz". (HB/dpa)

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