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© dpa

EU-Kommisionschef: Barrosos Gespür für Macht

Die Bestätigung des portugiesischen EU-Kommissionschefs José Manuel Barroso zieht sich weiter hin – was diesen nicht daran hindert, derweil still und leise für die Zukunft zu planen.

Einen Termin für seine Wiederwahl gibt es noch nicht, zumindest noch keinen offiziellen. Erst Anfang September möchte das Europaparlament festlegen, wann es den Portugiesen José Manuel Barroso erneut als Chef der EU-Kommission bestätigen will. In der Zwischenzeit blühen in Brüssel die Gerüchte. So wird geraunt, dass die Abstimmung über Barroso eventuell erst im Oktober stattfinden könnte statt wie geplant Mitte September. Die Spekulationen hängen damit zusammen, dass der 53-Jährige gegenwärtig von der Gunst der Europaabgeordneten abhängt. Konservative, Sozialisten und Liberale – sie alle haben Forderungen an Barroso. Der Portugiese wird auf sie eingehen müssen, wenn er seine Wiederwahl sichern will.

Doch während Barroso vor dem geplanten Votum noch als „Wahlkämpfer“ bei den EU-Abgeordneten eine gute Figur machen muss, arbeitet er hinter den Kulissen schon daran, seine Machtbasis in Brüssel zu festigen. Als er vor fünf Jahren an die Spitze der EU-Behörde gelangte, galt seine Nominierung vielerorts nur als Notlösung. Der damalige portugiesische Premierminister kam vor allem deshalb zum Zuge, weil er bei den Staats- und Regierungschefs seinerzeit eher vermittelbar war als der liberale belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt. Für den Belgier hatten sich damals Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac stark gemacht. Zu denen, die im Sommer 2004 den Plan durchkreuzten und statt dessen Barroso auf den Schild hoben, gehörte auch die damalige CDU-Oppositionsführerin Angela Merkel.

Schnell demonstrierte er seine Fähigkeiten als Machtpolitiker

So überraschend, wie Barroso damals EU-Kommissionschef wurde, so schnell demonstrierte er in Brüssel seine Fähigkeiten als Machtpolitiker. Nach seinem Amtsantritt wechselte er zahlreiche Generaldirektoren aus – also jene mächtigen Mandarine, die an der Spitze von Dutzenden von Behörden innerhalb der Kommission das Sagen haben.

Auch jetzt, vor seiner geplanten Wiederwahl, ist Barroso dabei, seine Hausmacht zu stärken. Im Juni ernannte er seinen Kabinettschef, den Portugiesen Joao Vale de Almeida, zum Generaldirektor für Außenbeziehungen. De Almeida gilt als einer der engsten Vertrauten Barrosos. De Almeida war es, der seinen Chef vor fünf Jahren auf die Leitung der EU-Kommission vorbereitete und ihm anschließend als Sherpa bei der Vorbereitung von G-8-Gipfeln und G-20-Treffen diente.

"Stil ist nicht Barrosos Stärke"

In Brüssel ist die Berufung von Barrosos Landsmann de Almeida zum Chef der Generaldirektion für Außenbeziehungen umstritten. Schließlich sichert sich dort der Kommissionschef seinen Einfluss genau zu einem Zeitpunkt, da die EU-Außenpolitik mit dem Vertrag von Lissabon aufgewertet werden könnte – vorausgesetzt, der Vertrag tritt in Kraft. In diesem Fall würde der Nachfolger des scheidenden EU-Chefdiplomaten Javier Solana zusätzliche Aufgaben bekommen. Der Solana-Nachfolger müsste aber damit leben, dass ihm Barroso bei der Besetzung eines wichtigen Schlüsselpostens zuvorgekommen ist. „Stil ist nicht Barrosos Stärke“, kommentiert die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Dagmar Roth- Behrendt (SPD), den Vorgang.

Umso ausgeprägter scheint indes Barrosos Gespür für Macht zu sein – gerade im Umgang mit den übrigen Mitgliedern der 27-köpfigen EU-Kommission. Nach der Ansicht von Julia De Clerck-Sachsse vom Brüsseler Thinktank Centre for European Policy Studies hat der ehemalige portugiesische Regierungschef seit seiner Amtsübernahme in Brüssel ein „präsidiales System eingeführt“. Barroso habe Arbeitsgruppen mit mehreren Kommissaren zu Einzelthemen wie dem Klimaschutz eingerichtet, aber stets darauf geachtet, „dass die Fäden in seiner Hand bleiben“. Im Fall einer Wiederwahl Barrosos dürfte sich daran nichts ändern.

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