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Paris bekommt mehr Zeit beim Abbau des Defizits.

© Reuters

EU-Kommission kommt Frankreich entgegen: Koalitionspolitiker kritisieren Fristverlängerung beim Defizit

Die Brüsseler Kommission gibt Frankreich mehr Zeit zum Abbau der Neuverschuldung. Bei Politikern von SPD und CDU im Bundestag stößt das auf Unbehagen.

Die Entscheidung der EU-Kommission, Frankreich mehr Zeit zur Haushaltskonsolidierung zu geben, stößt in den Koalitionsfraktionen im Bundestag auf Unmut. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sagte dem Tagesspiegel: „Für die erneute Verlängerung hätte ich von der Kommission eine konkretere Begründung erwartet. Gerade vor dem aktuellen Hintergrund der Debatte um Griechenland sei es wichtig, dass Strukturreformen nicht nur angekündigt, sondern auch implementiert werden." Die Kommission bewege sich mit ihren Entscheidungen allerdings im Rahmen der neuen flexiblen Auslegung des Stabilitätspaktes, zu der sie vom Rat der Staats- und Regierungschefs im Juni 2014 ausdrücklich aufgefordert worden sei. "Es ist daher auch nicht erstaunlich, dass die Entscheidung zu Frankreich in der Kommission einstimmig getroffen wurde“, merkte Schneider an. Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus kommentierte die Brüsseler Entscheidung mit dem Satz: „Wir beobachten diese Entwicklung mit großem Unbehagen, gehen aber davon aus, dass Frankreich diese Zeit dann konsequent nutzen wird.“

Weidmann ist enttäuscht

Bundesbankchef Jens Weidmann hat das Entgegenkommen der EU-Kommission im Haushaltsstreit mit Frankreich scharf kritisiert. Die jüngste Aufweichung des Stabilitätspakts für Paris sei “besorgniserregend“, sagte der Notenbankchef der “Märkischen Allgemeinen“. Zum Höhepunkt der Euro-Krise sei beteuert worden, dass die Fiskalregeln deutlich gehärtet würden. Davon sei "offenbar nicht viel übrig geblieben“, sagte Weidmann. “Die Regeln sind kaum noch nachvollziehbar, und die Umsetzung ähnelt einem politischen Basar.“ Anders als versprochen, würden nicht die Haushaltsplanungen an den Stabilitätspakt angepasst, sondern dessen Regeln an die Planungen der Haushalte.
Die EU-Kommission hatte am Mittwoch beschlossen, dass Frankreich zwei Jahre mehr Zeit erhält, um sein Defizit wieder unter die europäische Grenzmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Die bisherige Frist dafür war dieses Jahr. Sie wird von Frankreich nach eigenen Angaben aber verfehlt. Das Land hat seit 2001 nur in den Jahren 2006 und 2007 ein Defizit von weniger als drei Prozent erzielt. Der französische Finanzminister Michel Sapin verteidigte die Brüsseler Entscheidung gegen Kritik. “Die Kommission hat anerkannt, dass Frankreich trotz schwachem Wachstum und niedriger Inflation Budgetanstrengungen unternommen hat“, sagte er der “Stuttgarter Zeitung“. Ebenso wichtig wie die Haushaltskonsolidierung sei aber die Bekämpfung der Wachstumsschwäche. In diesem Zusammenhang lobte Sapin den 315 Milliarden Euro schweren Investitionsplan der EU und die lockere Geldpolitik der EZB. In der Wirtschaftspolitik sieht er zwischen Deutschland und Frankreich mehr Gemeinsamkeiten als früher: “Die große Koalition in Deutschland hat sich in Sachen Lohn und Mindestlohn Frankreich angenähert.“ (mit Reuters)

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