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Politik: EU-Parlament nimmt sich mehr Macht

Kommission ist im zweiten Anlauf gewählt Abgeordnete wollen Kommissare auch absetzen können

Der Weg für die neue EU-Kommission ist frei. Das Europaparlament sprach am Donnerstag der neuen Mannschaft von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit großer Mehrheit das Vertrauen aus. Nach Wochen der Krise ist damit der Konflikt zwischen dem Straßburger Europaparlament und der Brüsseler EU-Kommission beendet.

Vor drei Wochen hatte Barroso sein erstes Team zurückziehen müssen, weil ihm ein Nein des Parlaments drohte. Im zweiten Anlauf gaben die Abgeordneten der Kommission nun ihre Zustimmung, nachdem das Gremium gegenüber dem ursprünglichen Personalvorschlag auf drei Positionen geändert worden war. Nach heftiger Debatte stimmten 449 Abgeordnete für das Kollegium, 149 dagegen, 82 Parlamentarier enthielten sich. Die Unterstützung für Barrosos Team kam vor allem von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialdemokraten (SPE) und den Liberalen. Grüne und Vereinigte Linke stimmten mit Nein. „Das Europaparlament und die EU-Kommission sind aus dieser Abstimmung gestärkt hervorgegangen“, meinte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, der SPD-Europapolitiker Martin Schulz, nach der Abstimmung. Sichtlich zufrieden waren nach dem klaren Votum auch die Konservativen. Sie rechnen Barroso dem eigenen Lager zu. „Barroso hat jetzt ein gutes Team, das unter seiner Richtlinienkompetenz erfolgreich arbeiten kann“, sagte Hans-Gert Pöttering, der Fraktionsvorsitzende der christdemokratisch-konservativen EVP im Parlament. Seine Fraktion werde aber auch die Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle ernst nehmen, kündigte er an.

Die Europaabgeordneten stimmten ebenfalls für eine Entschließung, mit der sie mehr Rechte zur Absetzung schwacher oder befangener Kommissare fordern. Das zielt auf die niederländische Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Weil sie in zahlreichen Unternehmen als Aufsichtsratsmitglied fungierte, werfen ihr einige Europaabgeordnete Voreingenommenheit vor. Barroso bezeichnete die Entschließung als eine „gute Grundlage für die Zusammenarbeit“ zwischen EU-Kommission und Parlament. Er werde Kritik an einzelnen Kommissaren genau prüfen, kündigte er an. Kern seiner fünfjährigen Amtszeit sei, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung zu schaffen und dabei zugleich das europäische Sozialmodell zu konsolidieren.

Der Grünen-Fraktionschef Daniel Cohn-Bendit warf Barroso vor, sich der niederländischen Regierung gebeugt zu haben. Diese hatte sich ungeachtet der Kritik im Europaparlament geweigert, Kroes durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen. Grundsätzlich entscheiden die EU-Staaten, wen sie nach Brüssel entsenden. Die Aufteilung der Ressorts fällt hingegen in die Zuständigkeit des Kommissionspräsidenten.

Die Kommission soll am kommenden Montag ihr Amt antreten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sicherte Barroso in einem Glückwunschtelegramm Unterstützung bei der Umsetzung der in Lissabon vereinbarten Strategie zu, mit der Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt gemacht werden solle: Nur mit einer handlungsfähigen EU könne Europa die Herausforderungen der Globalisierung bewältigen.

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