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Politik: EU-Parlamentarier warnen Türkei

CDU-Abgeordneter Brok: Ankara soll Zypern-Erklärung zurücknehmen – Premier Erdogan bleibt hart

Einen Monat vor dem Beginn der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei wächst im Europaparlament die Kritik an Ankara. Viele EU-Abgeordnete haben Bedenken wegen der Weigerung der Beitrittskandidatin Türkei, das EU-Mitglied Zypern diplomatisch anzuerkennen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, Elmar Brok (CDU), sagte dem Tagesspiegel, die Türkei müsse ihre einseitige Zusatzerklärung zur Ausdehnung des Zollunion zurücknehmen, bevor das Europaparlament dem zustimme. Die Regierung in Ankara lehnt dies jedoch als unannehmbar ab.

Die Türkei hatte Ende Juli im so genannten „Ankara-Protokoll“ die Zollunion mit der „alten“ EU auf die zehn neuen EU-Mitglieder – und damit auch auf Zypern – ausgedehnt. Damit kam Ankara der Forderung der EU nach, Zypern zumindest indirekt anzuerkennen. Die türkische Regierung hielt jedoch in einer Zusatzerklärung fest, dass damit keine völkerrechtliche Anerkennung des griechisch-zyprischen Teils der Insel verbunden sei. Außerdem kündigte die Türkei an, zyprischen Frachtflugzeugen und -schiffen die Abfertigung zu verweigern. Brok bezeichnete dies als „nicht akzeptabel“.

Nach den Worten des CDU-Europaabgeordneten wird sich das Parlament Ende September eingehend mit der Situation der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Religionsfreiheit in der Türkei befassen. Brok kritisierte mangelnde Fortschritte bei der Umsetzung der Reformgesetze in diesen Bereichen. Auf Ende September verschoben hat das Europaparlament auch seine ursprünglich für den heutigen Dienstag vorgesehene Abstimmung über das „Ankara-Protokoll“. Das EU-Parlament kann den Beginn der Beitrittsgespräche zwischen EU und Türkei am 3. Oktober zwar nicht verhindern; die Kritik der Abgeordneten an Ankara macht aber deutlich, auf welch große Widerstände die türkische EU-Bewerbung inzwischen stößt.

Die Regierung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan steht auf dem Standpunkt, dass die Türkei alle Voraussetzungen für den Beginn der Verhandlungen erfüllt hat. Zusätzliche Bedingungen würden nicht akzeptiert, sagte Erdogan. Die EU will in dieser Woche über eine Antwort auf die einseitige Zypern- Erklärung Ankaras beraten.

Beim Zypern-Problem verbinden sich historische, psychologische und machtpolitische Fragen zu einem komplizierten Geflecht. Dabei liegen die Sichtweisen in den meisten westeuropäischen Hauptstädten und in Ankara in fundamentalen Fragen weit auseinander. Nachdem die griechischen Zyprer im vergangenen Jahr mit ihrem Nein zu einem Friedensplan der UN eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel verhindert hatten, erwartete die Türkei verstärkten Druck der EU auf die Regierung in Nikosia. Dieser Druck ist nach Ansicht Ankaras jedoch ausgeblieben. Weitere türkische Zugeständnisse etwa in der Frage der Öffnung der Häfen für griechisch-zyprische Güter kommen für Erdogan deshalb nicht in Frage. Nationalisten in Ankara werfen dem Ministerpräsidenten ohnehin vor, der EU zu weit entgegenzukommen.

Zypern ist seit 1974 geteilt. Damals versuchten griechische Extremisten, mit einem Putsch in Nikosia den Anschluss der Insel an Griechenland durchzusetzen. Daraufhin schickte die Türkei Truppen nach Zypern. Bis heute sind mehrere zehntausend türkische Soldaten im türkischen Inselsektor stationiert.

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