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EU: Polen bremst beim Klimaschutz

Warschau lehnt EU-Vorgaben ab und fordert eine spätere Einführung des Handels mit CO2-Emissionsrechten. Das Klimapaket wird jetzt erst im Dezember endgültig diskutiert.

Lech Kaczynski ist zufrieden. Mehr habe man für Polen nicht erreichen können, sagte der Präsident am Freitag zum Verhandlungsergebnis des EU-Rats: ein großer Sieg für sein Land. Der Grund für die Freude liegt auf der Hand. In Brüssel wurde entschieden, das geplante Klimapaket erst im Dezember endgültig zu diskutieren. Zudem soll die Abstimmung darüber einstimmig und nicht im Mehrheitsverfahren fallen. Der polnische Premier Donald Tusk legte dann gestern auch die Marschroute für die nun folgenden Verhandlungen fest. Wenn das überarbeitete EU-Klimapaket nicht die polnischen Forderungen berücksichtige, werde er nicht zögern, ein Veto einzulegen.

Mit dieser Drohung hat Polen seine Bremserrolle in Sachen Klimapolitik noch einmal verdeutlicht. Ziel der EU ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen in Europa bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Dazu plant Brüssel den Handel mit Verschmutzungsrechten. Ab 2013 müssen Unternehmen für jede Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid CO2-Emissionsrechte kaufen. Polen sieht sich durch diese Regelung stärker belastet als andere Länder, da das Land weit über 90 Prozent seines Stroms aus Kohle gewinnt – und so natürlich auch mehr zur Verschmutzung der Umwelt beiträgt. Um die wirtschaftlichen Folgen abzumildern, schlägt Polen die schrittweise Einführung des Handels mit Emissionsrechten vor.

Der Regierungschef fordert, dass die EU für die neuen Beitrittsländer Verständnis zeigen müsse. Die seien in Sachen Umwelttechnologie noch nicht auf demselben Stand wie der große Rest Europas. Und er warnte, dass die Umsetzung des Klimapakets in seiner jetzigen Fassung die Stromkosten für die polnischen Verbraucher in den nächsten Jahren fast verdoppeln würde. Angesichts dieser Aussichten bilden die Länder Osteuropas eine Phalanx, die sich gegen die Klimapläne stellt. Schon vor dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel hatte Polen kräftig Lobbyarbeit betrieben und erreicht, dass die baltischen Staaten, Bulgarien, Rumänien und Ungarn zusammen mit Warschau eine gemeinsame Erklärung verabschiedeten. Gefordert wurde, dass die EU die Ziele des Klimaschutzes und eines Wirtschaftswachstums miteinander in Einklang bringen müsse.

Polen hofft, die Verhandlungen über das Klimapaket auf die lange Bank schieben zu können. Ziel ist es offensichtlich, den Abschluss erst während der tschechischen Präsidentschaft im kommenden Jahr in Angriff zu nehmen. Von den Regierenden in Prag erhofft sich Polen mehr Verständnis für die Belange der neuen Mitgliedstaaten. Noch zielt die Mehrheit der EU-Staaten allerdings auf die Einigung noch in diesem Jahr. Denn im Dezember findet im polnischen Poznan (Posen) der UN-Klimagipfel statt. Dort will Europa Geschlossenheit gegenüber anderen Ländern wie den USA zeigen. Denen sollen mehr Anstrengungen in Sachen Umweltschutz abgerungen werden. Inzwischen scheint ein neuer Faktor die polnische Position in den Verhandlungen um das Klimapaket zu stärken: Angesichts der globalen Finanzkrise sind immer mehr Regierungen bereit, die Planung noch einmal zu überdenken.

Knut Krohn[Warschau]

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