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Nachdenken über Griechenland. Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wollte sich am Sonntag nicht zum griechischen Ergebnis äußern.

© dpa

EU-Reaktionen auf das griechische Ergebnis: Und Brüssel schweigt

Es ist beim Referendum in Griechenland auch um die Zukunft Europas gegangen. Trotzdem halten sich die EU-Spitzenpolitiker in Brüssel am Sonntagabend auffällig mit einer Bewertung zurück.

Zurückhaltung ist angesagt gewesen am Sonntagabend in Brüssel, obwohl es beim griechischen Referendum auch um Europas Zukunft ging: Von den Spitzen der EU-Organe wollte nur Parlamentspräsident Martin Schulz das Ergebnis bewerten. Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der  die Volksabstimmung über seine Spar- und Reformvorschläge aus dem heimischen Luxemburg verfolgte, ließ verbreiten, er werde sich erst Dienstag im Europaparlament äußern. Seine Behörde wollte nach Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses lediglich eine Mitteilung verschicken, in der es auch nur zur Kenntnis genommen werden sollte.

Dem EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk, der im Namen der Staats- und Regierungschefs spricht, war ebenfalls empfohlen worden, „weder ein offizielles Statement abzugeben noch bereits ein Gipfeltreffen für die nächsten Tage anzusetzen“, wie einer seiner Mitarbeiter berichtete. So sei nicht nur wichtig, dass in Griechenland selbst geklärt sei, ob das unterlegene Lager den Ausgang des Referendums anerkenne oder möglicherweise vor Gericht ziehe. Man habe zudem „von verschiedenen Regierungen signalisiert bekommen, dass sie einige Tage Zeit brauchen werden, um das Ergebnis für sich zu analysieren.“

Der Beratungsbedarf ist nach dem klaren Nein, das sich ersten Auszählungen zufolge am frühen Abend abzeichnete, verständlicherweise enorm. So ist für  diesen Montag nicht nur eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzstaatssekretäre  angesetzt. Am Abend reist Kanzlerin Angela Merkel nach Paris um mit Frankreichs Staatschef Francois Hollande über Konsequenzen zu sprechen. Dies bestätigten Regierungssprecher der beiden größten Eurostaaten.

Ob es bei der Ansage bleibt, dass ein Nein von EU-Seite als Wunsch der Griechen nach einem Ausscheiden aus der Währungsunion oder gar der gesamten Europäischen Union interpretiert wird, ist offen. Vergangene Woche hatten sich Merkel, Juncker, Schulz, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und  Vizekanzler Sigmar Gabriel mehr oder weniger klar in diesem Sinne geäußert. Tusk wiederum hatte am Freitag aber eine Abkehr von dieser Sichtweise angedeutet. „Es ist sehr  klar, dass das Referendum nicht darum geht“, so der Pole in einem Interview und auf Linie mit der Sichtweise der Athener Regierung, „ob man in der Eurozone bleibt oder nicht.“

Wie jedoch eine Verhandlungslösung mit der nun gestärkten Athener  Regierung aussehen könnte, die den Europartner noch am Wochenende etwa „Terrorismus“ unterstellte, steht in den Sternen – erst am Mittwoch hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gesagt, es sei „einseitig Vertrauen zerstört worden“. Der Linken-Europaabgeordnete Fabio De Masi, der von einem „Sieg der Demokratie“ sprach, forderte  weitere Verhandlungen, für die die griechische Regierung schon am Sonntagabend eine neue Initiative ankündigte: „Nun müssen sich die Gläubiger entscheiden, ob sie an den Verhandlungstisch zurückkehren, oder Griechenland und auch die Eurozone unter Depression und Kürzungsdiktaten begraben.“ Die französische Regierung erklärte sich zu Gesprächen bereit. Wirtschaftsminister Emmanuel Macron sagte, es müsse ein Kompromiss gefunden werden, und man dürfe sich nicht nur hinter den Notfallmaßnahmen der Europäischen Zentralbank verstecken.

Die EZB hätte jetzt – da vorerst keine Aussicht auf eine Einigung besteht, die Möglichkeit, die Notkredite für  griechische Banken zu stoppen, sie damit pleite gehen zu lassen und quasi die Einführung der Drachme zu erzwingen, um die Institute zu retten. Doch  in EZB-Kreisen wurde am Sonntag klargestellt, es sei Sache der Politik solch weitreichenden Entscheidungen zu treffen: „Wir werden sicher nicht die ersten sein, die sich äußern.“

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